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Damals, am Sherwood-Lake

DeletedUser23375

Damals, am Sherwood-Lake​

Neun Stunden Ritt hinter mir. Durch die niederen Büsche glitzert Sherwood Lake. Sieht aus wie eine aufgeraute blaue Platte mit kleinen, weissen Häubchen. Berge und grüne Tannen spiegeln sich glasklar darin. Ich sitze am Feuer und versuche mit spitzen Fingern die feurig heisse Blechtasse auf meinem Knie zu balancieren. Die Pferde sind abgesattelt und angehoppelt. Linda macht sich an der Küchenkiste zu schaffen. Murray stellt mit Lindsay das kleine Zelt auf. War gerademal noch mal gutgegangen heute. Hätte ich nicht meine dicken, abgewetzten Lederchaps angehabt, wäre der abgebrochene Ast wohl durch meinen Oberschenkel durch, als wir galoppierten und meine Thuji blitzschnell neben einem Baum einen Seitensprung nahm. Warum auch immer. Dann hätten wir ein Problem gehabt hier draussen, dreihundert Meilen weg von der nächsten Strasse und Telefonmasten…
Beissender Rauch fährt mir ins Gesicht und ich wechsle den Sitzplatz. Joe kommt mit dem gefüllten Wassereimer vom Ufer her hoch und Hans hat sich den Wachteln angenommen. Bald schon strömt ein köstlicher Duft nach gebratenem Vogel und nach Fisch über unseren Lagerplatz. Ich beobachte Hans und lach in mich hinein. Sind die sehnigen Männer doch heute morgen in Unterhosen und Gewehren der Packratte hinterher, quer durch unser Cabin. Wusste gar nicht, dass die zarte Lindsay derart laut kreischen kann! Und Sam, unser junger Hund, musste natürlich lautstark sein Bestes dazu geben. Die Wand hat jetzt mindestens zwei überflüssige Löcher mehr, die zu stopfen sind…
Ich grins immer noch und starre kurz hinauf zu dem Kuhbein, das fünf Meter über uns in den Ästen baumelt. Der Grizzly soll besser Beeren fressen, als hiervon Witterung bekommen. Ob er das Bein wohl bekommen , wenn er danach springen würde? Immerhin ist er drei Meter hoch, wenn er auf die Hinterbeine geht.
Sherwood Lake verfärbt sich in flüssiges Gold. Die Nacht und die Kühle legt sich zügig über uns. Kann mir einer sagen, wieso der Kaffee hier draussen im Busch einfach besser schmeckt als sonst? Schon meine siebte Tasse. Stockfinster um uns rum. Wir lachen und scherzen, als ein langgezogener tiefer Heulton uns lauschen lässt. Einsamer, alter Wolf, denk ich und mir fällt ein, wie dünn eigentlich so eine Zeltwand ist. Helle Stimmen mischen sich heulend ein. Okay, vielleicht weniger einsam….vier …fünf?
Egal, ich hab nicht im Sinn, im Zelt zu nächtigen. Bald liege ich eingemummelt in meinem Schlafsack. Zwischen den schwarzen Ästen blitzen die Sterne zu Milliarden am Himmel. Ich denke an das Nordlicht, das ich letzthin sah, diese wechselnden, schwindenden und wieder flutend hellen Lichtzungen, die über den Himmel huschten….gähn….
Nanu, ich bin wach? Ach so….der viele Kaffee. Und ich habe meine Brille im Zelt liegen lassen. Durch die Äste schimmert hellsilbern der Sherwood Lake unwirklich und unscharf. Ich kraxle möglichst leise aus dem Schlafsack. Es ist stockdunkel und totenstill. Ein leises Schnarchen kommt von Hans und Joe, die mir gegenüber auf der anderen Seite beim Feuer liegen. Es knackt und knistert für mich unheimlich laut, als ich mich durchs Dickicht bewege. Hoffentlich wecke ich keinen. Wäre mir unangenehm. Als ich zurückkomm, frag ich mich, wie ich aus dem Schlafsack gekommen bin. Das Loch ist so klein…ich muss doch noch am Reissverschluss reissen. Es kreischt förmlich durch die Nacht und Sam beginnt zu winseln, Hans zu flüstern und bald ist wieder Ruhe eingekehrt. Am nächsten Morgen bin ich als Erste wach und geh runter zum See. Tiefe Stille, herrlich klares weites Wasser, die Sonne, die eben über den Bergkamm ihre ersten Strahlen schickt. Thuji grast unweit und schnaubt mir zur Begrüssung einen Nebelhauch ins Gesicht, als ich zu ihr hintrete. Im Lager werden sie wach.
„Wer zum Teufel war heute Nacht draussen!?“bellt Hans über den Lagerplatz. Ich meld mich kleinlaut. Hans kommt zu mir und packt seine Haarzipfel, streckt sie mir hin. “Da, riech mal ! Sam hat mich voll gepisst!“ Und dann stakst er runter zum See, um sich zu waschen. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. Joe schüttelt den Kopf und schaut mich missbilligend an: “Nächstes mal sei lauter. Der Reissverschluss hat dich gerettet. Ich lag mit entsichertem Gewehr bereit und hätte um ein Haar geschossen!“
Ups ! Tja, ich bin im kanadischen Busch, mitten in den Rocky Mountains. Da herrschen andere Gesetze……..


So long
Catlady


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