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Der Sommertraum

DeletedUser

An diesem, überaus heißem Tag im Juli 1874 schlenderte ein großgewachsener Kerl aus dem Saloon. Er hatte einen etwas, aufgrund Alkoholgenusses herbeigeführten, unsicheren Gang, was in den Städten hier auch am Vormittag keine Seltenheit ist, jedoch für Leute aus wirtschaftlich fortschrittlicheren Ländern öfters auf Unverständlichkeit treffen mag.
Der "Kerl" den ich soeben beschrieb, trug an diesem Tag eine bleiche, sandfarbene Leinehose, ein ebenso gefärbtes Oberteil mit Fransen, wovon einige fehlten, sowie ein scheinbar uraltes rostiges Gewehr, mit welchem er seinen berauschten Gang zu stabilisieren versuchte. In der Straße gab es insgesamt vier Lokalitäten. Zwei davon für ausgesprochen gut betuchte Reisende, eine für den durchschnittlichen Geldbeutel und letzteres Wirtshaus für die Ärmsten der Stadt; kurz gesagt für Jonas gerade so bezahlbar.
Jonas? Ja Jonas Dexter!
Ich erinnere mich gern an ihn. Ein aufrechter Mann, stark aber nicht besonders mutig. Auf der anderen Straßenseite gelange er nun an den gern besuchten Reithof. Jonas besaß eine große Liebe gegenüber Tieren, ganz besonders mochte der 32-jährige Pferde. Hier fühlte er sich wohl, die Reitschule war sozusagen sein Zuhause.
"Hallo Jonas!", begrüßte ihn ein nettes junges Mädchen. Es mochte wohl 8 oder 9 Jahr jung sein.
"Ja Hallo Christine!", sagte der Mann voller Freude, wobei sein vorher so ernst wirkendes Gesicht, dem eines Glückspilzes wich!
Der Mann klopfte dem Mädchen kräftig auf die Schulter, worauf sie freudig ihm ebenfalls kräftig gegen sein rechtes Bein stieß.
"Jonas, meinte das Mädchen, du musst dir unbedingt unser neues Pferd ansehen, du hast doch einen solch guten Pferdeverstand!"
Jonas schmunzelte. Viele hatten ihn bisher und auch weiterhin wie einen Trottel behandelt, doch das ganze "Personal" dieses Hofes behandelte ihn wie einen König. Eigentlich waren die Inhaber dieses Hofes auf der Suche nach einem hochgradig qualifizierten Hausmeister gewesen.
Bis Jonas vorbeikam, neugierig wie er nun einmal war und in seiner Pferdeliebe kaum zu bremsen, bemerkte er ein hinkendes Pferd, das einen starken Stahldorn im Vorderhuf stecken hatte, welcher dem Tier gar überhaupt nicht zu gefallen schien.
Da unser "Landstreicher" hier gleich Abhilfe zu schaffen wusste und sich das brave Tier nicht läger quälen musste, bat die Hofgemeinschaft, das Jonas doch öfter vorbeischauen möge. - Kaum zu glauben, jedoch eine angenehme und, jedenfalls für Jonas, eine einfach auszuführende Anstellung.
Daher störte es ihn auch wenig, dass er kaum Geld für seine Tätigkeiten bekam.
"Gern, Christine, gern möchte ich euren neuen Gaul besehen, er soll wohl auch verliehen werden, Stimmts?"
"Genau Jonas! Bis auf Barney verleihen wir jedes Pferd an Reisende, die sich in der Umgebung umsehen möchten."
Das Mädchen trug ein gepunktetes blau-weißes Sommerkleid. Es war ein freches, kleines Mädel mit dutzenden Sommersprossen im Gesicht, welches von wunderschönen blonden Haaren umrahmt wurde. Das Mädchen grinste, dann glitt ihr Blick auf den alten Schießprügel. Sie schaute ärgerlich.
"Jonas, meinte sie meckernd, du brauchst doch dein Gewehr hier nicht, was mögen bloß die Besitzer mit diesen blöden Dingern anfangen wollen?"
Jonas lächelte mild und erwiederte keck:"Dafür bist du noch zu jung mein Püppchen!"
"Ich bin kein Püpppchen, außerdem musst mir erklären, wofür du es brauchst und nicht einfach sagen, dass ich zu jung wär!"
"Bist du aber meine Kleine!, neckte Jonas, Hier schau, es ist nicht schlechtes, wem sein Leben lieb ist, der soll sich eines besorgen. Stell dir doch einmal vor, du wärst in Gefahr und jemand würde dir nach dem Leben trachten, so kannst du immerhin den Spieß manchmal umdrehen."
"So bist du ja nicht besser als dein Feind!", sagte die kleine Christine beharrlich,
"Nunja, du kannst dich ja auch dem Schicksal überlassen. In gefährlichen Gebieten reist man nun einmal nicht ohne Gewehr, aber das würdest du als Knabe verstehen. Frauen mögen Schusswaffen nun einmal nicht."
"Doch, die Flinte meines Vaters mag ich wohl, da er sie niemals auf Strolche richten würde, sondern sie nur zum Jagen benutzt!"
"Na siehst du! Ein weiterer Vorteil dieses feuerspuckenden Rohres! Schutz und Nahrung, was mag man mehr wollen?"
"Jonas, fragte nun Christine wieder, du hast doch sicher ein vortreffliches Gewehr, nicht war?
Der hagere Mann schaute ungläubig auf sein, nun ja wollen wir es mal Gewehr nennen. Er schaute lässig auf und grinste dann:
"Klar, schau dir doch einmal den Hersteller an! Kaum zu glauben, aber du verstehst ja sowieso nichts von derart hoher Büchsenmacherqualität. Dieses Gewehr bekam ich vor 20 Jahren, also ungefähr als ich in deinem Alter war und hat mich noch nie enttäuscht.
Das Mädchen verstand freilich nichts von Schusswaffen und schaute beeindruckt auf Jonas' Gewehr. Hätte sie mehr davon verständen, würde sie wohl laut auflachen, denn Jonas hatte gelogen das sich eigentlich die Stützbalken des neuen Stalls hätten biegen müssen.
Wie sollte ein derart armer Schlucker wie Jonas Dexter sich ein hoch qualitatives Gewehr leisten können. Der Vater des kleinen Mädchens kam hinzu.
Strahlend wie ein stolzer Hofbesitzer meinte er:"Wer redet hier über Büchsenmacherqualitäten?"
Der abgerissene Mann mit seiner verrosteten Büchse wagte nichts zu sagen, ein starker Hauch von Respekt dem Hofeigentümer gegenüber blies ihm entgegen.
"Er hier, Dad, meinte die kleine, unser Hausmeister besitzt solche Qualität. Hast du nicht Lust mit uns Jagen zu Reiten."
Der Vater des Mädchens trug Reitkleidung, teure hochwertige Stiefel, lederne Beinschoner. Im aufrechtem Gang kam gerade auf die beiden zu, gab Jonas die Hand und fasste dann dem Mädchen liebevoll an den Hinterkopf.
"Soso, sie haben solch prächtig' Gewehr, dürfte ichs mir vielleicht einmal besehen?"
Ohne etwas zu sagen, reichte der Mann dem Vater das Gewehr. Dieser besah sich den eingeätzten Hersteller und meinte: Pshaw, da haben sie meine Flinte noch nicht betrachtet! Und sie meinen ernsthaft etwas mit ihrem Rohr zu treffen?"
"Mit etwas Glück sicherlich, Herr Johnsen!"
"Soo? Dann lassen wir es doch darauf ankommen.", sagte Reitersmann und rief einem Schwarzem er solle sein Pferd und zwei andere Gäule zum Ausritt fertigmachen.
Christine frohlockte, es würde gejagt werden, Klasse!"
Als nun alle drei im Sattel saßen, Vater und Tochter mit stolz geschwollener Brust sowie Jonas, der ziemlich unsicher im Sattel saß.
Zwar hatte er ab und an die Möglichkeit des Reitens gehabt, jedoch nicht in solcher Dosis wie seine zwei Gefährten.
Als sie alle drei nach einem schnellen Ritt sicher an der Ostseite des Waldstückes der Familie Johnsen ankamen, bemerkten sie Spuren. Spuren von:
"Adlern! Jawohl, Adlerspuren, schaut.", meinte Johnsen aufgebracht.
Energisch drückte Jonas seinen Herrn nach unten. Flüsternd meinte Jonas:
"Machen sie bitte, bitte keinen solchen Lärm! Ich glaube vielmehr, dass es sich hierbei um einen kleinen Indianertrupp handelt!"
Johnson ärgerte sich über diese Zurechtweisung und antworte gestresst, allerdings weiterhin im Flüsterton: "Woher wollen sie das denn wissen?"
"Schauen sie sich die Feder an! Sie wurde am Kiel gespalten um in der Haarpracht eines Indianers besseren Halt zu finden"
"Sie reden ja wirres Zeug! Dies ist mein Wald, nicht die Jagdgründe irgendeines Stammes; die Indianer in der Umgebung umherziehen sind freundlich gesinnt. Außerdem wissen wir nicht einmal im Falle eines Indianertrupps ob sie uns feindlich gesinnt sind geschweige den ob es ein kleiner oder großer Trupp ist!"
"Doch, Herr Johnsen, schauen sie auf die Feder. Sie stammt wie sie ja schon sagten von einem Adler. Nun Adlerfedern sind den Häuptlingen vorbehalten, aber kein erfahrener Häuptling würde seine Feder verlieren. Ich schließe daraus, das die Feder einem jungen, unerfahrenem Häuptling zuzuordnen ist, dem man sicher keinen großen Trupp anvertraut hat. Ob er nun feindlich gesinnt ist oder nicht, schon das er seine Adlerfeder getragen hat, zeigt möglicherweise, das er Fremden gegenüber mit Hass erfüllt ist zumal er sicher weiß das er sich auf Privatgelände aufhält. Aber wir müssen hier verschwinden, der junge Häuptling wird auf jeden Fall nach seiner Feder suchen!"
"Das ist Blödsinn Dexter, ausgemachter Blödsinn! Soll dieser Häuptling doch herbeikommen oder besser sein ganzer Trupp damit ich ihn in die ewigen Jagdgründe schicken kann!"
 
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