Birdie
Nobelpreisträger
Einer der sehr, sehr wenigen positiven Aspekte am langsamen Dahinsiechen bei Männergrippe ist ja, dass man mittags um zwölf, nur mit Sonnenbrille, Socken und Bademantel notdürftig bekleidet, auf der Couch liegen kann und fernsehen. Das tu ich! Ab und zu, wenn mir die Haare nicht so wehtun, setze ich mir aus Jux und Dollerei auch meinen Strohhut auf, denn ich will, wenn es geht, doch bitte lustig sterben.
Kaffee, Fernbedienung ... malschauen, was Apple bietet. Und siehe da: "The Gorge". Ich wusste anfangs echt nix mit dem Wort anzufangen, dachte zuerst, dass das das Substantiv zu gorgeous sei, lese dann aber, dass es um Anya Taylor-Joy geht, also konnte das schonmal nicht sein (echt, ich kann mit der nix anfangen, gut, sie hat in "The Witch" mitgespielt, und auch recht gut, aber den Hype um die werd ich nie verstehen. Auf die könntest Du mich festschweißen, ich würde mich losrosten ... egal). Also gegoogelt ... "gorge" heißt ganz simpel "Schlucht". "Canyon" und "gulch" auch, und die Begriffe sind für das Ding auch wesentlich gebräuchlicher, aber die Macher wollten halt den "Gorge" haben ... jedem das seine ... so kurz vorm Abnippeln (musste erwähnt werden, falls es wer vergessen hat) werde ich immer sehr generös, fast schon milde.
So, worum geht's: Drasa (Joy) ist eine Mietkillerin, die ein wenig untertauchen muss, Levi (Miles Teller - der war in "Whiplash" echt nicht schlecht) ein ausgemusterter Ex-Marine-Sniper, der jetzt privat für das Militär Aufträge übernimmt. Beiden kommt es irgendwie gelegen, dass sie ihre neue Mission an den Arsch der Welt führt. Und zwar jeweils auf einem Turm. Levi im Westturm, Drasa nimmt den im Osten (die beiden kennen sich nicht), zwischen den beiden die titelgebende Schlucht, ganz nach unten versperrt Nebel den Blick. An den Hängen auf beiden Seiten befinden sich Selbstschussanlagen, Minen, Ortungssensoren etc. Und zuerst erfährt man das auch nur über Levi, bei Drasa nimmst Du es einfach an, dass das genauso ablief ... keiner von beiden wusste, was er da eigentlich sollte. Levi wird am ersten tag durch seinen Vorgänger (an dessen letztem Tag) gebrieft, weshalb es diese Posten überhaupt gibt, wie er halt durch seinen Vorgänger undundund. Wirklich was Genaues weiß keiner, aber der Vorgänger vermutet, dass das "Tor der Hölle" bewacht werden soll. Und deshalb sind zu den waffenstarrenden Wehrhängen auch auf jeder Seite Scharfschützen notwendig, damit ja nix die Schlucht verlassen kann. Der leicht verwirrte Levi fragt, was denn bitte so Gefährliches unten in der Schlucht leben kann, dass sich seinen Weg nach oben bahnen könne. Der Vorgänger schnappt sich eine Handgranate und wirft die in die Schlucht, ein paar Sekunden fällt das Ding, dann gibt's ein BUMM, aber auch hörbare Geräusche, Stöhnen, Brüllen, aber halt nicht menschlich. Der Vorgänger erzählt ihm, dass einer seiner Vorgänger die Viecher da unten "Hollow Men" getauft hat. Einem Gedicht von T.S. Eliot entlehnt, wie unser amerikanischer Sniper wie aus der Pistole geschossen kontert. Der Vorzeige-Marine, der den Literaturnobelpreis höchstwahrscheinlich abgelehnt hat, um der Menschheit mit Kopfschüssen zur ewigen Freiiiheiiiiit zu verhelfen, uneigennützig, wie amerikanische Soldaten nunmal sind. Und seit locker fünf Jahren wird uns der amerikanische Soldat auch andauernd als Intelligenzbestie verkauft, als Universalgenie, der nur des lieben Friedens willen nicht Arzt oder Philosoph geworden ist. Funk gibt's auch, der wird aber überwacht und darf nur einmal im Monat zum Test aktiviert werden. Und dann gibt es noch so ein paar Satellitenschüsseln, ich hab's vergessen ... ich glaub, die werden "croucher" oder so genannt, jedenfalls sorgen die dafür, dass Google Earth die Schlucht nicht sehen kann.
Der Plot bis dahin, und das hat mich dann doch schon sehr stark überrascht, bei all den Fortsetzungen in letzter Zeit, ist echt noch nicht sooo ausgelutscht. Zwar immer noch nicht originär, weil da gab es zB 2012 auch mal einen genialen kleinen Horrorfilm namens "The Cabin in the Woods" - auch dort mussten Menschen über so ein Tor wachen, zwar, indem sie Spiele manipulierten, und in "The Gorge" musste halt "nur" gewacht werden, aber die Prämisse fand ich trotzdem schonmal spannend. Hüben wie drüben spielt auch Sigourney Weaver mit ... man möchte beinahe sagen "in fast derselben Rolle", aber halt doch nicht so ganz genau. Es ist ansonsten auch keine Kopie von "The Cabin in the Woods".
"The Gorge" macht aber schon so einiges richtig. Die Handlung wird nach zehn Minuten an die Schlucht verlegt, der Film spielt also fast vollständig dort. Man lernt fortan erstmal das Leben des West-Wächters kennen, wie er Gemüse anpflanzt, Waffen reinigt, das ganze Selbstschussgedöns wartet, Wodka destilliert ... eines Tages erkennt er halt, dass sein Gegenüber eine Gegenüberin ist, die zwei fangen an, sich auf Tafeln Nachrichten zu schreiben, die der jeweils andere dann mittels Ferngläsern lesen kann ... das ist echt ein ganz schönes Stück leerer Raum zwischen den beiden Türmen. Bald schon machen sie alles gemeinsam, also die Routine-Gänge zwecks Wartung an den Waffen zB. Und eines Abends sieht man dann auch endlich mal solche Hollow Men, wie sie versuchen, die Schlucht zu verlassen, und natürlich werden die von fast schon lächerlich vernichtender Waffengewalt am weiterkraxeln gehindert (solche Auto-Kanonen wie in "John Rambo", mit denen auf den jeweils gegenüberliegenden Felsabhang geballert wird, weiß gar nicht, wie die heißen). Und die hohlen Männer haben mich ein wenig enttäuscht, die sehen irgendwie alle aus wie die Ents und Entings aus "Herr der Ringe", hier ... Baumbart und Freunde, nur halt keine zwanzig, sondern nur zwei Meter groß, aber halt massig davon.
Irgendwann fasst sich Levi ein Herz, baut ein RPG um, versieht es mit einem Seil und ballert damit auf den Ost-Turm, um sich danach hinüberzuhangeln und der Liebe seines Lebens mit ein paar selbstgepflückten Blümchen aufzuwarten. Die beiden landen in der Kiste. Am nächsten Tag will Levi zurück, schwingt sich lässig über die Brüstung und hangelt sich am Seil cliffhangermäßig zurück, in der Mitte über der Schlucht angekommen, gibt es auf der Westseite eine Explosion einer Mine, weil just in dem Moment die Hollow Men einen weiteren Ausbruchsversuch wagen. Dabei wird das Seil zerfetzt, er stürzt ab, hat aber einen Fallschirm (die werden getragen, wenn man die Minen und Kanonen am Hang überprüfen muss). Drasa hüpft schnell rein, zieht sich was Bequemeres an, schnappt sich ein paar Waffen, schnallt sich einen Fallschirm um und springt direkt hinterher.
Weiter erzähl ich nicht.
Meine Worte bisher in laufenden Bildern:
Was dann kommt ... wie bei viel zu vielen solcher Eigenproduktionen ... das ist irgendwie immer, als würden die einen Autor nur für maximal 75% eines Scripts bezahlen, "und den Rest des Drehbuchs schreiben dann die zwei Kaffeekocher und -bringer am Set, wenn wir storymäßig da angekommen sind, denen wird schon was einfallen." So kommt mir das immer vor.
Weil, sobald die zwei unten in der Grube sind, wird's bestenfalls ulkig. Nicht immer, das muss man auch sagen, denn es gibt da so einige Bilder, die erinnern stark an HR Gigers Ideen, aber wenn Dir zB die ganze Story, bzw. das, was da in der Schlucht ist, in drei Minuten erklärt wird durch einen Videoterminal, den die zwei dort unten finden ... sowas hat in den 90ern bei den Resident Evil-Games funktioniert, da war das ja auch OK, aber heutzutage wünsch ich mir echt ein wenig mehr Hirnstimulus, so ein bisschen was möchte ich mir ganz gerne selbst zusammenreimen können und nicht im Schnelldurchlauf erklärt bekommen, als sei ich schon hirntot. Sowas finde ich immer schade, sowas zieht einen Film direkt runter, finde ich. Ich hasse diese Form von Deus-ex-machina wie die Pest!
Und auch die Auflösung des Ganzen und das Ende ist irgendwie ... also nix Berühmtes halt. Das typische Krach-Bumm-Peng zum Finale und vorher nochmal Gier bzw. kapitalistische Machenschaften von Konzernen als Motiv, wie halt in jeden x-beliebigen B-Movie, hollywoodiges Happy End inklusive ... aber bis dahin hat der Film echt Spaß gemacht. Die Love Story fand ich persönlich jetzt auch nicht langweilig oder zu vordergründig oder zu dominant, sie war halt da und machte auch Sinn, und Du vergisst aber auch zu keinem Zeitpunkt, wo die zwei sich da befinden, nämlich angeblich vor den Höllentoren. Klarer Pluspunkt für mich ist, dass der Film sich wirklich die Zeit nimmt, seine beiden Hauptfiguren vernünftig zu erzählen. Regisseur ist kein Geringerer als Scott Derrickson, der 2016 "Doctor Strange" ziemlich genial verfilmt hat. Leider hat er aber acht Jahre davor auch das Remake vom 1951er "Der Tag, an dem die Erde stillstand" verbrochen. Und zwischendurch gibt's echt gute Musik.
Der Film macht eine ganze Zeit erstaunlich viel Spaß, ab dem Erklärvideo aber nicht mehr, ab da wird's leider wieder Einheitsbrei. Trotzdem, der Film ist in der Flat mit drin, also kann man nix falsch machen, wenn man ihn sich anschaut. Man hätte den, so wie er aufgebaut ist, wie er erzählt wird, auf vier Sterne pushen können, das hat man versäumt. Man hätte mit der Story auch direkt einen Fünf-Sterner filmen können, dazu hätte er aber anders erzählt werden müssen, und man hätte vorher an einigen Stellschrauben drehen müssen. So aber leider nur 3 von 5 Sterne von mir.
Kann man sich aber angucken, Zeitverschwendung ist der Film allein seines Plots wegen schon nicht.
Hab ich mir gestern angekuckt und ja, ist ein kurzweiliger Zeitvertreib. Leider nach einiger Zeit ziemlich vorhersehbar und die Auflösung ist ein wenig phantasielos. Da hätte ich mir, genau wie der Billy-Bob, etwas anderes, vielleicht wirklich höllentormässiges gewünscht.
Nichtsdestotrotz ist der Flick ziemlich kurzweilig, die Action passt, die Monster sind eklig-cool und ja, die Mucke passt stellenweise richtig gut (gibt sogar die Ramones!).
Schauspielerisch überzeugt hier wirklich niemand. Anya ist heiß als O-Ren-Ishii,, Miles, den wohl die meisten von den Bestimmungs-Filmen kennen, ist einfach nicht "meiner" und Sigourney wird immer mehr in dieses Hollywood-Klischee der bösen Regierungsbeamtin gedrückt. Ich wünschte mir, dass sie sich ein letztes Mal dem Xenomorph stellt, aber den Film dreht wohl niemand mehr.


Gut geklaut!
Egal, kuckt rein - ist ein netter Zeitvertreib
