Jacob hatte sich an dem Besuch in der Stadt nicht beteiligt. Er war beim Zug geblieben, hockte auf dem Trittbrett der Lok und grübelte vor sich hin. Es reute ihn sehr, Nashoba in so einer misslichen Lage zurückgelassen zu haben. Das war ganz und gar nicht seine Art. Schließlich hielt er es nicht mehr aus.
Die beiden jungen Burschen waren in die Stadt gegangen und er hatte nicht die geringste Lust ihnen hinterher zu rennen und aus irgendeinem verqualmten Saloon zu holen, in dem sie sicherlich anzutreffen waren, also erhob er sich und suchte in seinen Taschen nach einem Zettel. Als Stift nahme er einfach ein kleines Kohlestück vom Kohlelager der Lok.
Er schrieb ihnen, sie sollten sich keine Sorgen machen, er würde auf den Gleisen zurück reiten und versuchen Nashoba zu finden. Er schrieb auch, dass sie sich an einen sicheren Ort zurückziehen und auf sie warten sollten, hatte aber keine große Hoffnung, dass sie dem Rat auch folgen würden.
Sie waren nun mal zwei wilde junge Burschen, die sich weder vor dem Tod noch vor dem Teufel fürchteten.
Jacob befestigte den Zettel gut sichtbar am Gashebel der Lok, sprang dann vom Führerstand und stiefelte los. Sein Ziel war der Stall eines Pferdehändlers, den er vom Abstellbahnhof aus gesehen hatte. Leider hatten sie Nik nicht aus dem Banditenlager mitnehmen können und er hoffte inständig ihn wieder zufinden, aber für den Moment brauchte er einen reitbaren Untersatz.
Der Besitzer war gerade im Korral mit einigen jungen Pferden beschäftigt. Jabob näherte sich der Umzäunung und betrachtete die Pferde prüfend eines nach dem anderen. Dann grüßte er kurz und fragte:
"G`day, Mr. Sind das Verkaufspferde von ihnen?"
Der Pferdehändler drehte sich zu Jacob um.
"Morning, Mr. Ja, das sind Verkaufspferde. Interessieren sie sich für eines von ihnen?"
Jacob nickte und deutete auf einen langbeinigen, vielleicht vierjährigen, Fuchshengst, mit breiter Blesse und zwei weißen Beinen, dessen Körperbau und Ausstrahlung auf einen schnellen Renner schließen liesen.
"Der Bursche da würde mir gefallen. Wieviel wollen Sie für ihn haben?"
Der Händler besah sich das Pferd und grinste wohlwollend.
"Oh, ja. Das ist wirklich ein Rassepferd, Mr. Der bringt edles Blut in jeden Stall. Genau der Richtige für ihre Stuten. Der ist nicht billig. Mit 250 Dollar müssen sie da schon rechnen?", prahlte der Mann.
Jacob tat erstaunt und erschrocken.
"Was? 250 Dollar? So viel?"
"Ja", sagte der andere wichtigtuerisch. "Das ist sein Preis."
Aus Jacobs anfänglichem Erstaunen wurde augenblicklich Misstrauen. Er musterte den Händler aus schmalen Augen. Wenn er etwas mehr Zeit gehabt hätte, hätte er es dem alten Gauner ordentlich gezeigt, doch so ließ er die Katze gleich aus dem Sack und knurrte:
"Ist das nicht ein wenig viel für einen Junghengst, dessen Brandzeichen eindeutig gefälscht wurde und der mit Sicherheit von einer der Weiden im Westen stammt?"
Der Händler wurde bleich und lockerte mit fahrigen Bewegungen sein Halstuch.
"Wie... äh... wie kommen Sie denn darauf, Mr?", stammelte er.
"Freundchen, ich kann sehr wohl einen gefälschten Brand von einem echten unterscheiden und jetzt zier dich nicht lange. Für 50 Dollar und das Pferd bekommst du von mir die Versicherung, dass ich dich nich beim nächsten Sheriff anzeigen werde, wegen Hehlerei und Betrug!"
Der Mann schluckt, rang einige Momente sichtlich nach Luft und nickte schließlich.
Jacob bekam den Hengst für 50 Dollar, die er in einem seiner Stiefel versteckt hatte und die von den Banditen bei der Durchsuchung nicht gefunden worden waren. Er bekam sogar noch einen halbwegs passablen Sattel und ein Zaumzeug dazu und machte sich sofort auf den Weg.
Er folgte dem Schienenstrang zurück und merkte, dass ihn seine alten Augen nicht getäuscht hatten. Der Fuchs war ein ausgezeichneter Renner. Nach einigen anfänglichen Freudenbuckler, bei denen Jacob dachte, er würde in der Mitte auseinander brechen, verfiel der Hengst in einen ausgreifenden, ausdauernden Galopp, der ihn und seinen Reiter schnell gen Westen trug.