Hey Gents, friends und alle andere. Endlich! Wieder daheim in meinem alten Saloon und soviel habe ich hier verpasst! Ahhhh! Tut das gut hier mal wieder am Tisch oder am Tresen zu verweilen, eure Gesichter und schrägen Figuren zu sehen.
Oh danke - Henry - die Flasche geht auf dich? Seltenes Geschenk - aber auf dein Wohl und deinen baldigen Geburtstag. Vielleicht bekommen wir die Party ja dann mal auf die Beine. Ich denke schon.
Bei meinen Freunden möchte ich mich hier mit einigen Runden des besten Whiskeys für meine lange Abwesenheit entschuldigen und natürlich mit einer Geschichte, warum meine Rückkehr viel länger gedauert hat, als geplant.
Kommt mal näher. Maria hört gerade nicht zu.
Ich hatte ja etwas Liebeskummer wegen ihr. Also zog ich aus in die Wildnis. Und dort fand ich mein Glück, obwohl...als ich gerade Maria so sah...naja.
Zurück zu meiner zweiten Haut. Und die ist rot! Dank einer wunderschönen Navajo Frau.
Was wir als Wildnis sehen ist das Zuhause und der wärmende, schützende Ort, für die von uns als Wilde bezeichneten Roten. Einer von denen hat mehr Kultur und Menschlichkeit in sich, als eine ganze Schiffsladung neuer Einwanderer aus der Alten Welt.
Ja - hört zu, staunt und - - passt auf - meine Colts sind schnell parat.
Ein Sprichwort der Navajo lautet:
Behandle alle Menschen, als wären sie mit dir verwandt!
Also seid mal alle sehr brüderlich und schwesterlich miteinander.
Nun zu meiner Geschichte. Das war dort im Navajo-Gebiet, in irgendeinem abgelegenen Canyon. Mein Gaul ging durch, warf mich ab und ich lag dort, lange Zeit, ohne Wasser, ohne Vorräte, mit gebrochenem Bein und angeknackstem Selbstbewusstsein.
Da erschien sie. Eine Navajo. Wunderschön! Fremd in ihrer Aufmachung und trotzdem, etwas freies, wildes umgab sie wie eine Aura.
Sie half mir zu überleben, pflegte mich gesund und lernte meine Sprache. Und sie lehrte mich, das indianische Wesen besser zu verstehen. Sie machte mir verständlich, warum ihr Volk gegen unsere Habgier, unsere Ignoranz gegenüber der Natur und unseren Materialismus kämpft. Damit töten wir ihr Volk effektiver als mit jeder Gewehrkugel, die wir auf sie abfeuern.
Wir Weissen sind noch nicht allzu lange hier in der Neuen Welt. Aber meine Navajo Frau merkt die Veränderung. In ihrer Umwelt, ihrer Kultur und in hundert kleinen Nebensächlichkeiten, die sich zu einer für sie drohenden Sturmwolke formen. Trotzdem lieben wir uns. Weil ich Verständnis, Toleranz und Gefühl zeigte. Sie hofft auch andere Weisse können so empfinden.
Hier lest nur was für einen berauschenden Liebesbrief sie mir zu meinem Abschied zusteckte:
Slim Man Canyon
Vor 700 Jahren
lebten hier Menschen
floß hier sanft das Wasser
und die Sonne wärmte die Kürbisblüten
Es war vor 700 Jahren
ich erinnere mich
da waren sie
tief unten in diesem Canyon
die Sandsteinwände ragten
über ihnen auf.
Der Fels, die Stille, der hohe Himmel und das fliessende Wasser
das Sonnenlicht in den Pappelblättern
der Duft der Weidenbäume im Wind
vor 700 Jahren
Der Rhythmus,
die kraftvolle Bewegung der Pferde
durch tiefen hellen Sand.
Dort, wo ich herkomme, ist es auch so
die Wärme, der Duft und die Stille.
Blauer Himmel und in der Ferne Regenwolken
wir reiten miteinander
vorbei an den Felsen, die Geschichten erzählen
auf Stein gemalte Lieder...
Es war ein Mann, der liebte eine Frau
vor siebenhundert Jahren.
(Nach einer längeren Stille im Saloon)
Na das beeindruckt euch auch?
Merkt ihr wie diese Eingeborenen das Land einatmen, eins werden mit der Natur und ihrer Umwelt? Na, wir können noch einiges von denen lernen. Die Zukunft wird es uns zeigen.
Oh! Danke Waupee! Gerne nehme ich vier Züge aus deiner Pfeife. Das ist nämlich so Brauch bei euch. Aber das erklären wir ein andermal.
Jetzt lasst uns erst mal meine Rückkehr feiern.
CHEERS! Die nächsten Flaschen gehen auf mich, habe nämlich reichlich Nuggets gefunden.
(Im Real-Life war ich eine längere Zeit in Westafrika und in Ägypten unterwegs. Eine hübsche Navajo-Frau habe ich nicht kennengelernt, aber viele interessante Menschen. Das obige Gedicht ist von einer Navajofrau geschrieben. Leslie Silko heisst sie. Das oben zitierte Sprichwort ist echt und gilt heute noch bei den Navajos. Persönlich durfte ich vor etlichen Jahren mal bei den Cheerokees in North-Carolina zu Gast weilen und an deren Leben teilhaben. Darum auch meine "Rote Haut".)