Ich würde mal mit solchen Anschuldigungen und Pauschalisierungen ganz vorsichtig sein. Abgesehen davon, dass ich Wulff nicht für einen Lügner halte - es gibt in jeder Partei schwarze Schafe.
Zudem: Dass Du die BRD für eines der koruptesten Länder der Welt hältst, zeigt deutlich Deine mangelnde Ahnung der Materie - sorry.
Total richtig. Ich mag zwar die Union nicht, aber dass die gesamte CDU/CSU aus Lügnern und Betrügern besteht, scheint mir euphemistisch gesagt relativ unwahrscheinlich.
Ein Politiker ist auch Mensch. Und als solcher darf er verdammt nochmal auch Freunde haben und sich Geld leihen, von wem er will, solange das legal ist. Und das war es. Punkt.
Seltsam finde ich nur eins: So jemand wie Wulff hätte doch bei keiner Bank mehr als 3,5 % Zinsen gezahlt, oder etwa doch? Gesichertes regelmäßiges Einkommen durch Ministerpräsidentenamt und später Ministerrente, zuzüglich Landtagsabgeordnetendiät und sicherlich noch einige andere Nebeneinkünfte, der perfekte Schuldner, zumal das Geld tatsächlich in Werte (Haus) investiert wird, diese Werte kann die Bank ja notfalls als Sicherheit fordern. Warum leiht er sich dann Geld bei Familie Geerkens zu 4 % Zinsen?
Und der zweite Kritikpunkt am Darlehen: Warum hat er es damals dem niedersächsischen Landtag verschwiegen? Wenn tatsächlich nichts schlimmes dran ist (und das sehe ich genau so wie du, da war nichts schlimmes dran), dann kann er es doch bedenkenlos sagen.
Man kann sich also schon fragen, ob jemand, der das Parlament belügt, tatsächlich der richtige Mann für die höchste Position im Staat ist.
Pressefreiheit dagegen ist ein hohes Gut, aber hierzu ist zu sagen, dass Wulff hier a) selbst Fehler einräumt und b) dass man bitte auch mal schauen muss, wer hier wegen der Pressefreiheit rumflennt.
Eigentlich hat die BILD damit garnicht angefangen. Die BILD wollte den Anruf ursprünglich geheim halten, aber irgendwie haben andere Blätter davon Wind bekommen und drüber Berichtet. Als die BILD dann gesehen hat, wie gut das funktioniert, ist sie noch schnell auf den fahrenden Zug aufgesprungen.
Eine Zeitung bzw ein Verlag, der selber die Persönlichkeitsrechte anderer mit Füßen tritt und (warum eigentlich?) seine Behauptungen durch die Veröffentlichung des Gesprächs nicht belegt, sollte selber mal die Füße GANZ still halten!
Die BILD plante letzte Woche oder wann das war, den Gesprächsinhalt zu veröffentlichen. Man zeigte sich sogar so nett (will sich jetzt wohl als besonders seriös profilieren), dass man vorher Wulff um Erlaubnis bat. Angesichts des zu erwartenden Inhalts des Anrufs muss ich wohl nicht sagen, wie Wulff antwortete. Tschuldigung, aber dass der Inhalt nicht veröffentlicht wird, kann man BILD nicht vorwerfen. Ich persönlich hätte ja das Gespräch ohne um Erlaubnis zu fragen veröffentlicht. Nicht sonderlich nett, aber eine Beschneidung der Pressefreiheit ist genug, zwei brauchts wirklich nicht.
Es sind keine Fragen offen geblieben, wer Antworten haben will, kann sie bekommen.
Offensichtlich nicht. Das Volk fragt: "Was hat Wulff eigentlich auf den AB gesprochen?" und Wulff antwortet: Sag ich nicht!"
Gerade diese zentrale Frage, die ihn abschließend belastet oder entlastet, wird nicht von Wulff beantwortet. Mit einer entschlossenen und korrekten Antwort kann er sich total entlasten. Aber offensichtlich lässt das Material keine Entlastung zu. Diese Nichtveröffentlichung ist das schlimmste, was Wulff machen kann, sowohl politisch als auch moralisch.
Für meine Begriffe war er auch souverän bei dem Interview.
Dann scheinst du mir einen ziemlich seltsamen Souveränitätsbegriff zu haben. Alleine das Umfeld des Interviews war ja schon mal unterste Kanone: Statt eine normale PK einzuberufen, setzt er sich mit zwei handverlesenen Journalisten in einen Raum (um unbequeme Fragen zu verhindern, wozu es bei einer ordentlichen PK zweifellos gekommen wäre), zeichnet dort ein Gespräch auf, das drei Stunden nach Ende noch nicht veröffentlicht werden durfte (das genaue Gegenteil von Transparenz also). Ich will Wulff nichts unterstellen und ich denke auch nicht, dass es so gelaufen ist, aber dadurch, dass es keine Live-Übertragung gab, kann niemand sagen, dass am fertigen Material nicht noch wie wild rumgeschnitten wurde, eventuell sogar einige Passagen neu gedreht wurden, in denen Wulff unsicher wirkte.
Vom Inhalt des Interviews ganz zu schweigen, viel neues kam dabei nicht heraus. Das einzig Spektakuläre war, dass er sich entschuldigt hat (ganz am Anfang), abgesehen davon hat er nur ein paar Medienberichte abgenickt und versucht, sich als Sündenbock und Opfer darzustellen.
Für mich hat sich dagegen Frau Schausten ziemlich blamiert, wenn sie allen Ernstes behauptet, dass sie ihren "Freunden" pro Übernachtung 150 Euro gibt.
Das mache ich ehrlich gesagt auch nicht. Hat mich auch sehr gewundert, wenn Freunde mich einladen, ist meine Anwesenheit in deren Haushalt die einzige Bezahlung, die sie erwarten können. Frauen könnte ich u. U. noch "in Naturalien" bezahlen, aber das ist ne andere Baustelle und würde auch mehr auf beiderseitigem Nutzen basieren. Aber auf jeden Fall bekommen meine Freunde kein Geld, wenn ich bei ihnen übernachte. Wenn ich irgendwann mal Politiker bin, habe ich auch nicht ernsthaft vor, daran etwas zu ändern.
Übrigens, wenn sich eine Kampfamazone Nahles dann hinstellt und gleich mal Neuwahlen fordert, wird mir schlecht.
Wenn ich Andrea Nahles sehe, wird mir sowieso immer schlecht.