Kapitel 4 Teil 1
Sie sollte sich nicht so aus der Ruhe bringen lassen. Diese beiden Menschen sollten ihr bis jetzt plangemäß verlaufenes Leben nicht so durcheinander bringen. Sie sollte nicht zulassen, dass dies alles geschah und vor Allem sollten diese unbedeutenden Wesen nicht mit ihr machen können, was sie wollten. Dafür sollten diese kleinen Menschlein schon längst gestorben sein.
Soviel zur Theorie.
Die Wirklichkeit sah leider genau so aus und es schien, als könnte Cazie daran auch nichts mehr ändern.
Sie war nicht wütend darüber… Nein ...
Sie war außer sich vor Zorn.
Dabei war alles in bester Ordnung gewesen, sie hatte vorgehabt bald weiterzuziehen, wie sie es immer tat, wenn die Menschen in ihrer Nähe zu unruhig wurden oder es einfach Zeit war zu gehen und sich einen neuen Platz zum Leben zu suchen, bevor sie auch dort wieder würde weggehen müssen. Es war immer derselbe Ablauf gewesen, und sie war damit wenn nicht glücklich so zumindest zufrieden gewesen.
Ja, alles war bestens.
Bis zu dem Zeitpunkt, als sie zum ersten Mal von dem Dämonenjäger gehört hatte. Mitbekommen hatte, dass er hergekommen war, um „das Übel aus dem Wald“ zu vertreiben, und sie begonnen hatte Pläne zu schmieden.
Entnervt erhob sich die Vampirin von ihrem Bett, da sie jetzt wohl kaum weiterschlafen konnte und ging in ihrer Hütte auf und ab. Es juckte ihr in den Fingern, loszulaufen, ihn zu suchen und ihre Hände um seinen Hals zu legen, um dann ganz langsam zuzudrücken, bis er sie endlich in Frieden lassen würde und wahrscheinlich den Rest der Welt. Und ihm dann … vielleicht noch etwas von seinem Blut abzuzapfen … Cazie biss sich auf die Unterlippe und verschob den Gedanken mit einem wütenden Knurren.
Raus. Ich muss hier raus, sonst dreh ich noch durch und veranstalte ein Massaker.
Sie ließ ihren Blick beinahe hektisch durch das Zimmer schweifen und blieb bei dem Kamin hängen. Holz. Sie drehte sich mit einem Ruck herum und verließ ihr Haus, um trockene Äste und Zweige und alles andere Brennbare im Wald sammeln zu gehen.
Das würde sie sicher wieder beruhigen...
Trotz allem was Menschen von Vampiren zu wissen glaubten, waren diese „grausamen Geschöpfe der Nacht“ sehr naturverbunden. Ihr Volk achtete die Natur, besonders den Wald und dessen Bewohner, was vielleicht daran lag, dass sie hauptsächlich dort lebten, wenn sie nicht gerade durch die Gegend reisten. Meistens allein aber manchmal auch in kleineren Gruppen.
Vielleicht wäre es anders, wenn wir wie die Menschen Städte bauen und dort leben könnten. Ohne Angst haben zu müssen, immer wieder verjagt zu werden …
Vampire waren Raubtiere, vergleichbar mit den Menschen, doch auf einem wesentlich höheren Platz in der Hierarchie. Denn so gern Menschen beispielsweise Schwein oder Rind aßen, so war das bevorzugte Nahrungsmittel der Vampire nun mal … Menschenblut. Also sollte man vielleicht meinen eine Verwirklichung eines solchen Gedanken wäre nicht weiter schwierig, da es schließlich ein Leichtes wäre die Menschen zu vertreiben. Aber dafür waren es einfach zu viele.
Gerade lud Cazie den letzten Ast auf ihre Arme, als die ersten Sonnenstrahlen durch das dichte Blätterwerk fielen. Erst jetzt bemerkte sie wie still es um sie herum war und ihre Lippen zogen sich zu einem zynischen Lächeln, ehe sie sich mit einem beträchtlichen Packen Holz auf den Rückweg machte.
Sogar die Tiere verschwinden, wenn ich so bin …
Sie trat auf die Lichtung hinaus und wich eilig wieder in das dämmrige Licht hinter ihr. Leider zu spät, denn die Gestalt auf der Bank vor ihrem Haus hatte sie bereits gesehen und stand nun auf.
…können mich dann nicht auch die Menschen in Ruhe lassen?