BEST OF WM
11. Juni, Johannesburg
Südafrika gegen Mexiko
Siphiwe Tshabalala schießt das erste Tor der WM
TOOOOOOR! Ein Traumpass, wie wir ihn zuletzt von Maradona 1986 gesehen haben, erreicht einen Mann, der heißt wie eine Figur aus "Star Wars" oder ein Lied von Inner Circle. Dieser Tshabalala hämmert den Ball trocken aus 16 Metern in den Winkel. Und wir singen: Tshabalalalalalong, Tshabalalalalalong, Tshabalalalalalonglonglilonglonglong! Jetzt alle: Tshabalalalalalong, Tshabalalalalalong, Tshabalalalalalonglonglilonglonglong!
12. Juni, Rustenburg
England gegen USA
Englands Robert Green lässt einen harmlosen Ball ins Tor kullern
TOOOOOR für die USA! Englands Keeper bewirbt sich für die Green Card, indem er ein Schüsschen von Dempsey durch die Hände rutschen lässt.
Nun endlich steht er in der langen englischen Torhütertradition von Peter Shilton (vgl. Brehme, Andy) und David Seaman (vgl. Inho, Ronald).
13. Juni, Durban
Deutschland gegen Australien
Thomas Müller macht das 3:0
TOOOOOOOOOOOOOOR! Der Junge, der vor einer Woche 13 geworden ist (Geschenk: Piratenschiff von Playmobil), zieht aus 15 Metern ab. An den Pfosten, dann ins Tor. So schön wie dieses Tor sind nur Erinnerungen an den Bart von Thomas Magnum.
14. Juni, Bloemfontein
Japan gegen Kamerun
Keisuke Honda schießt ein Traumtor für Japan
TOOOOR! Japanesen und Japanesinnen, schön, dass ich das erleben darf. Der blondeste Honda seit dem knallgelben Civic meines ehemaligen Schulkollegen knallt einen Freistoß von halbrechts direkt rein.
Der Ball schreibt auf seinen knapp 25 Metern Flugweg ein eigenes Märchen, das am Boden anfängt, in seinem Mittelteil leicht flatterig wird und am Ende ins Eck klatscht wie ein Sparringspartner von Mike Tyson.
Wenn man in den Achtzigern leben würden, dann würde man jetzt "megageil" schreien. Aber so: Ziemlich Nice!
15. Juni, Johannesburg
Brasilien gegen Nordkorea
Nordkoreas Jong Tae-Se weint während der Hymnen, und Carlos Dunga zeigt seine eigenwillige Mode
Die brasilianische Einschüchterungstaktik zeigt erste Wirkung. Ein Nordkoreaner (Name unbekannt) heult schon vor dem Anpfiff wie ein Schlosshund. Coach Kim Jong Hun reagiert, bringt einen Ersatzmann (Name unbekannt). Während Koreas Trainer in seinem schwarzen Trenchcoat hektisch auf und ab hüpft, ist Carlos Dunga die Ruhe selbst. Kein Wunder bei dem Spielstand. Und bei dem Pulli, den der brasilianische Beau mit dem Windhundgesicht aufträgt. Ein Jogi-Rolli aus Alpaka. Die neue Trainermode für den Fußballwinter.
16. Juni, Durban
Spanien gegen Schweiz
Die Schweiz schlägt den Europameister
1:0 gewinnt die Schweiz. Hitzfeld sucht Michael Henke zum Abklatschen, findet ihn nicht, weil der kein Französisch kann und deswegen nicht Nati-Cotrainer werden durfte. Man kann nicht alles haben.
Wenn man davon ausgeht, dass die Schweiz so was wie das Australien Europas ist, dann hat Deutschland Spanien - Stand jetzt - 5:0 geschlagen.
17. Juni, Bloemfontein
Griechenland gegen Nigeria
Nigerias Torwart Enyeama und Tzorvas, der Keeper der Griechen, patzen
TOOOOR!!! 1:0 für Nigeria. Durch einen Freistoß von Uche. Aber was war das denn bitte vom griechischen Torwart Tzorvas? Springt zur Seite, als der Ball gerade in seine Arme fliegen will. Die WM und ihre Torhüter - wenn es nicht so traurig wäre, wäre es zum Lachen. Wir weinen Tränen der Freude. Hätte Otto mal besser George Clooney im Tor gelassen.
Bababababamm. Karagounis zieht einfach nochmal ab, Enyeama lässt einfach nochmal prallen. Das erinnert mich an eine Weihnachtsfeier der SpVgg Kaufbeuren. Ich musste damals für ein halbes Jahr bei der E-Jugend ins Tor, was sich nicht heldenhaft anhört und es auch nicht war. Damals jedenfalls dichtete der Nikolaus über mich: »Die hohen Bälle mag er nicht, doch unten bleibt fast alles dicht.«
Bei Enyeama ist es genau andersrum. Und in meinem Fall gelogen. Ich habe hohe Bälle geliebt, bin damals schon so rumgeflogen wie Enyeama heute. Nur gehalten habe ich sie halt nicht. Lag am Ball.
17. Juni, Polokwane
Frankreich gegen Mexiko
Frankreichs Trainer Domenech lässt Thierry Henry die komplette zweite Halbzeit warmlaufen
Ist das hier eigentlich der letzte Auftritt des Thierry Henry? Sein dummes Handspiel in der Relegation gegen Irland mal beiseite: Das hat dieser hervorragende Sportsmann nicht verdient.
Domenech – wie kann man den Fußball nur derart hassen und es gleichzeitig in eine solch hohe Position bringen? Wir wüssten es, wenn wir nicht so tief unten wären. Einen Verdacht immerhin haben wir: Vielleicht ist er ja Ire.
18. Juni, Port Elizabeth
Deutschland gegen Serbien
Miroslav Klose sieht Gelb-Rot, Deutschland verliert
Jetzt sieht Miroslav Klose GELB-ROOOOOT! Er stupst von hinten zu, dann braut sich das Unheil zusammen, der Schiri zuppelt, er sucht, Klose schwitzt, er ahnt, er zittert, dann sieht er die Ampel, und die ist nicht grün. Wir würden lachen, wenn wir es nicht soeben verlernt hätten. Heidi Kabel trauert um Deutschland.
19. Juni, Durban
Niederlande gegen Japan
Yuichi Komano hat eine Platzwunde am Kopf
Komano ist wieder zurück, mit fleischfarbenem Fanschal um den Hals, um einen Schmiss zu verdecken. Zugezogen, als van Persie eben nach einem Foul an ihm als Spinning Wheel durch die Gegend flog und Komano am Kopf erwischte. Turban in Durban. Schön.
Breaking News: Komano jetzt wieder ohne Verband. Also ohne Mull. Schon noch mit Verband. Japan Football Association, gegründet 1921.
20. Juni, Johannesburg
Brasilien gegen Elfenbeinküste
Kaka fliegt vom Platz
Jetzt wird's albern und hässlich. Plötzlich ist das Spiel kurz vor einer Massenschlägerei. Der Grund soll ausgerechnet Prediger in spe Kaka sein. Der Schiri fällt auf Keita rein, zeigt Kaka Gelb-Rot.
ARD-Kommentator Steffen Simon ist nicht einmal das genug, ruft die Inquisition an, fände wohl auch einen Exorzisten nicht unangebracht. Ich hab keinen Bock mehr, bin jetzt für Brasilien.
21. Juni, Kapstadt
Spanien gegen Honduras
Spanien fährt einen lockeren Sieg ein, ohne wirklich zu überzeugen
Noch zwei, drei Alibi-Angriffe der Spanier, die daherkommen wie das leicht durchsichtige Sommerkleid einer schönen Frau, unter dem sich ihre Rundungen abzeichnen. Man kann erahnen, dass da mehr ist, ja, man kann sich sogar ausmalen, was da alles noch sein könnte, wie es sich anfühlt. Doch sie wird nicht mehr zeigen, dann steigt sie auf ihr Rad und radelt davon. Und zurück bleibt nur die Ahnung und das Gefühl, um eine Extase betrogen worden zu sein.
22. Juni, Bloemfontein
Südafrika gegen Frankreich
Der Gastgeber und der Vizeweltmeister scheiden aus
Fronkreisch, Fronkreisch. »Nicht mal einheitliche Trikots haben die an«, lagerfeldet Kollege Fabian Jonas. Stimmt: Ribéry liegt inzwischen im Hawaiihemd unweit der Eckfahne, Domenech hat nur einen Mantel an und nichts drunter, erschreckt Menschen im Park.
Raymond ne va plus. Das Spiel ist aus. Frankreich fliegt aus dem Turnier wie ein Fettsack aus dem Kinderkarussell.
22. Juni, Durban und Polokwane
Nigeria gegen Südkorea / Argentinien gegen Griechenland
Martins vergibt alleine vor dem Tor, Otto Rehhagel mauert sich ins Aus
In Durban ist das Spiel so laut wie eine Dorfdisko zur DJ-Ötzi-Autogrammstunde mit anschließender Flatrate-Aftershow-Party. Chancen gellen über den Rasen, schreiende Pässe, ohrenbetäubende Chancen. Obasi schiebt den Ball am leeren Tor vorbei.
Und dann gibt es Elfmeter! TOOOOOR! Nigeria gleicht aus. Trommelfelle platzen. Hyper, Hyper.
Zurück in die Geräuschlosigkeit in Polokwane. Wo griechische Füße schweigen und Argentinier lässig zu einem Beat nicken, den nur sie hören können.
Mehr gibts wohl nicht zu sagen