Bitteschön...
Der nächste Happen
...
Fortsetzung Gemeinheiten
Sie sind auf zehn Schritte heran gekommen, als die Haustür aufgerissen wird und Charlie Benton auf den Vorbau stürzt und sich dabei noch das Hemd in die Hose stopft.
“Stopp! Ihr beiden verdammten Dickschädel!”, ruft Benton fauchend. “Wenn ihr es tun wollt, dann einzeln. Ich will verdammt sein, wenn ich noch mal mit drei Mann auf ihn losgehe. Zurück, Jungs!”
Davis bleibt tatsächlich stehen, starrt Charlie, sich umwendend, zornig an und schüttelt drohend die Faust.
“Ich schlage ihn ungespitzt in den Boden, Charlie!”
“Du schlägst niemanden, verstanden?”, befiehlt der schneidend. “Burns, sei friedlich! Zurück mit euch. Kaum sehen sie ihn, da gehen sie auf ihn los. Ja, habt ihr denn den Verstand verloren? - Der Hengst - allmächtiger Vater - er hat den Hengst!”
Rafe reitet stur auf seine beiden Widersacher zu. Er denkt nicht daran, wegen den Kerlen einen Umweg zu machen. Wenn sie nicht weggehen, wird er sie einfach umreiten. Zuerst sieht es so aus, als würden sie sich nicht rühren. Wie zwei sture Rindviecher, die mitten auf den Zuggleisen stehen und mit dem Pfeifen der Lok um die Wette muhen wollen, doch dann macht Davis, als ihn Rafes Brauner beinahe erreicht hat, einen Schritt zur Seite. Auch Burns weicht aus. Während sie Rafe aber passiert, knurrt Davis zwischen den Zähnen:
„Ich hau dir die Nase platt, wenn du Feigling dich bloß mal stellen würdest!“
„Das kannst du haben, Bulle“, erwidert Rafe eisig, denn er weiß genau, dass es so nicht mehr weitergehen kann mit diesen Krachsuchern. „Eines Tages liegst du am Boden und dann wirst du sagen, dass ich der Stärkere bin. Ich schwöre es!“
„Ha!“, ist alles, was Davis dazu verlauten lässt, aber es klingt eine Menge Verachtung darin mit.
Sie sind lammfromm und lassen ihn vorbei. Vom Vorbau kommt Charlie Benton mit wenigen Schritten die Treppe herunter und auf den Hengst zu, der neben Rafes Braunem läuft.
„Mann, Rafe, wie siehst du aus?“, fragt Benton heiser, als er auf die kurze Entfernung nun deutlich Rafes unrasiertes und staubiges Gesicht erkennen kann. Er deutet mit einem Kopfnicken auf den Hengst.
„Wie hast du das geschafft?“
„Ich hab ihn“, erwidert Rafe ruhig und zügelt die Pferde ein paar Schritte vor Benton. „Das ist alles, Charlie. Er wird euch nicht mehr gestohlen werden.“
Charlie geht mit den anderen um Jeremys Zuchthengst herum und klopft ihm den Hals. Der Schwarze schnaubt, scharrt mit dem rechten Vorderhuf und wiehert dann schmetternd, so als wollte er allen verkünden, er sei wieder hier.
Dieses Wiehern scheint ein Signal zu sein. Nicht nur für die Pferde in den Paddocks, die jetzt reihenweise antworten. Irgendwo im Haus schlägt krachend eine Tür, dann hört man polternde Schritte, und Rafe blickt zur Haustür.
„Das kann doch nur… Großer Gott!“
Ein Mann kommt heraus, der sich nicht mal die Mühe gemacht hat, die Weste zuzuknöpfen. Jeder Zoll ein Rancher. Ein Mann, der auf sich selbst stolz sein kann. Sein Haar ist schon fast weiß. Seine braunen Augen, die auch Bryan hat, weiten sich jäh. Er steht oben, umklammert die Brüstung des Verandageländers und beugt sich vor. Sein erster Blick gilt dem Hengst, etwas anders sieht er nicht. Es gibt nur sein Pferd und sonst nichts. Rafe ist sich sicher, dass es Jeremy Hal gleich wäre, ob der Teufel seinen Schwarzen herbeigeschafft hätte. Jeremy würde den Teufel ebenso wenig beachten wie ihn.
Der alte Mann stürmt nun auf das Pferd zu , das ihn mit freudigem Gewieher begrüßt und die Nüstern an seiner Schulter reibt. Der Alte macht, ohne Rafe eines Blickes zu würdigen eine Inspektionsrunde um den Schwarzen. Zuerst muss er sehen, ob das Pferd auch in Ordnung ist - das hat Rafe gewusst. Erst danach richtet sich Jeremy schroff auf und sieht hoch, genau in Rafes Augen.
In diesem Moment bemüht sich Rafe, die Gedanken des alten Mannes zu erraten, aber es ist nicht möglich. Was immer Hal denkt, er zeigt nichts davon. Es spiegelt sich nicht auf seinem Gesicht. Sie sehen sich stumm an. Der Alte mit blitzenden Augen, Rafe mit der Ruhe eines Mannes, der nichts zu verlieren hat.
Schließlich knurrt Jeremy barsch:
„Du verdammter Kerl!“
Rafe lächelt, leicht nur, aber lächelt. Das ist genau Jeremys Art zu reden, wenn ihn etwas freut, das er nicht offen zeigen will.
„Steig ab, Rafe“, kommandiert der alte Mann.
„Ja“, antwortet Rafe nur und gleitet aus dem Sattel. „Ihm fehlt nichts. Du kannst noch so oft um ihn rumgehen und suchen. Er ist ganz gesund. Ich glaube sogar, der Weg ist ihm recht gut bekommen.“
„Dir auch. Ich sehe keine Beulen. Wie kommt das, Junge?“ Jeremy mustert ihn von oben bis unten.
Rafe lächelt unmerklich. Der Alte ist bester Laune. Gott sei Dank! Er hat sein Pferd wieder und jetzt würde er über fast alle mit sich reden lassen.
„Was für Beulen?“, erkundigt sich Rafe unschuldig.
„Nun, mir wurde erzählt, dass du Besuch hattest, Rafe?“
„Ich?“, fragt Rafe gedehnt. „Ich kann mich nicht erinnern. Zu mir kommen immer nur Freunde.“
„Du bist ein Halunke“, stellt Jeremy trocken fest. „Weißt du, dass ich dich am liebsten aufgehängt hätte? Schickt mir meine Leute ohne Waffen auf die Ranch zurück. Was hast du dir dabei gedacht, he?“
„Das ich träumte, Großvater. Ich träumte von einem Besuch und von Leuten, die mich verprügeln wollten. Als ich aufwachte, fand ich, dass ich wirklich nur geträumt hatte!“
Hinter Jeremys Rücken beginnt Charlie Benton zu grinsen. Niemand kann so schön aus einer heißen Sache einen kalten Pudding machen wie Rafe Monroe, das weiß er. Die anderen grinsen auch, nur zwei Mann nicht. Selbst Hamilton ist fair genug, Rafe genau zu verstehen. Rafe trägt nichts nach. Das meint er mit dem Vergleich des Traumes.