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Erinnerungen

DeletedUser

Kapitel 9: Al

Ich? Ich sollte ihm helfen? Ich wagte das Gelingen sehr zu bezweifeln… doch wie konnte ich diesen Mann, der das Wichtigste in seinem Leben fast verloren hatte, im Stich lassen? Ein Blick in seine Augen ließ mich meine Entscheidung schnell fällen:

„Was für eine Frage! Natürlich werde ich dir helfen!“ Ich hoffte, dass er das Zittern das mich erfasste, aufgeregt und doch verschreckt, nicht bemerken würde.
„Dann lass uns schlafen. Wir haben einen weiten Weg vor uns“, erwiderte er und ich meinte ein kurzes Aufblitzen von Erleichterung in seinen Augen sehen.

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Der nächste Morgen kam und immer noch spürte ich eine innerliche Anspannung, die sich auch während der Nacht nicht gelegt hatte. Wir löschten die letzten Glutnester unseres Feuers, sattelten die Pferde und zogen weiter.

„Es gibt einiges, das ich dir noch erklären muss“, sagte Ben, „hör mir genau zu.“
Meine Anspannung wuchs. Jetzt würde ich erfahren, was genau er zu tun gedachte – und ich würde Teil seines Planes sein!

„Einiges hast du ja nun schon erfahren. An dem Morgen aber, an dem ich dich alleine in unserem Lager zurück ließ, da traf ich mich mit jemandem, der mir neue Informationen geben konnte. Auch an dem Abend, den wir in „The Pearl“ verbrachten, konnte ich an neue Informationen gelangen.
Meine Tochter wurde tatsächlich von Al und einigen seiner Männer entführt. Doch wie ich nun weiß musste er sich von ihnen trennen um geschäftlich noch einige Sachen zu erledigen. Er ist ein Mann geworden, mit dem man sich nicht einlassen sollte – ganz anders als in unserer Jugend. Seine Geschäfte reichen von Opiumhandel bis hin zu Auftragsmord, wofür er eigene Männer in seinen Diensten stehen hat. Was ich aber am meisten fürchte - er betreibt auch ein Bordell. Wie man hört sollen einige junge Damen in seinen Diensten stehen, die dieser Arbeit nicht freiwillig nachgehen. Und aus diesem Grunde bete ich zu Gott, dass wir nicht zu spät kommen um Annie zu finden!“

Je weiter er sprach umso leiser wurde seine Stimme bis sie sich fast im Wind verlor. Dann, als hätte er neue Kraft geschöpft sagte er: “Wir haben einen Tag, vielleicht zwei, um vor ihm da zu sein. Wir müssen uns beeilen. Wir reiten nach Deadwood!“ *

Also Deadwood… auch, wenn ich noch nicht weit durch die Welt gekommen war, so war doch auch mir diese Stadt ein Begriff. Einst ein Goldgräberlager war dieser Ort als eine Stadt bekannt geworden, in der jeder sein Glück versuchen konnte. Geld, Glück und Frauen – all dies konnte diese Stadt bieten, alles, was sich ein Mann nur wünschen konnte!

Und ich sollte bald in dieser Stadt mein Schicksal treffen.



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* Deadwood scheint der richtige Ort zu sein, um meine Geschichte zu beenden. Verzeiht meine Einfallslosigkeit. Aber es hat seinen Grund.
 

DeletedUser

Kapitel 10: Gem Theater

Spät am Abend trafen wir in Deadwood ein, müde und abgekämpft. Ein Tag an dem wir nahezu pausenlos unterwegs waren lag hinter uns. Und doch durften wir uns nicht dem Verlangen nach Ruhe hingeben. Ben schickte mich voraus um eine Unterkunft zu finden. Die Gefahr von jemandem erkannt zu werden war für Ben zu groß. Ich machte mich auf den Weg ein geeignetes Zimmer zu finden, ritt die Straße hinunter, langsam und aufmerksam, und bald konnte ich das besagte Bordell sehen, dessen Besitzer Al war. Nicht weit davon fand ich eine Unterkunft, die mir für unser Vorhaben geeignet schien.
Nur Minuten später, gleich nachdem ich das Zimmer bezogen hatte, folgte mir Ben im Schutz der Dunkelheit und stahl sich in das Zimmer. Er ging zum Fenster und zog die Vorhänge zu, gerade so weit, dass wir durch eine schmale Lücke hinunter auf die Straße schauen konnten.

„Es ist perfekt“, sagte er anerkennend. Vorsichtig schaute ich hinunter auf die Straße. Durch den Lichtschein, der durch geöffnete Türen und Fenster drang konnte man das Treiben auf der Straße beobachten, ebenso hatten wir einen guten Blick auf die Türe des Bordells.

„Das „Gem Theater“, hier treibt Al seine undurchschaubaren Spiele. Und hier irgendwo werden wir meine Annie finden“, sagte Ben, als er meinen fragenden Blick bemerkte. Ich schaute zurück auf das Gebäude… tatsächlich, es machte seinem Ruf alle Ehre. Elegant erschien es, große Fenster säumten die Front im Erdgeschoss, Kutschen konnte ich auf der Straße erkennen und immer wieder sah man Männer mit einem glücklichen Grinsen auf dem Gesicht das Gebäude verlassen. Ungebetene Gäste oder solche, die dem Whiskey zu sehr zugesprochen hatten wurden unbarmherzig vor die Türe begleitet. Am Balkon des ersten Stocks konnte man Leute im Halbdunkel erkennen, Frauen, die mich an meinen ersten Besuch eines Bordells ein paar Tage vorher erinnerten und Männer, die diesen Frauen erlegen schienen. Hinter manch einem Fenster konnte man das unruhige Flackern von Lampen erkennen, das Treiben in diesen Zimmern doch nur erahnen.
Auf einer Seite des Hauses konnte ich noch ein zweites Stockwerk erkennen, jedoch schien hier alles seltsam ruhig.

„Morgen wirst du Gast dieses Etablissements sein“, sagte Ben, als er seine Sachen auszog und sich auf das Doppelbett legte, „und du wirst herausfinden, wo sich Annie aufhält.“
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Gedankenverloren schaute ich wieder hinunter auf die Straße und wartete bis ich Ben ruhig und gleichmäßig atmen hörte. Dann erst löschte ich die Lampe und legte mich auf das Bett, so weit wie möglich von Ben entfernt. Ich hatte nun zwar einige Zeit mit ihm verbracht, doch ein Bett mir ihm zu teilen war mir unangenehm. Ich zog die Bettdecke unter mein Kinn, schob die Gedanken beiseite und glitt langsam in einen tiefen Schlaf.

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DeletedUser

Kapitel 11: Schein

„Aufstehen“, gefolgt von einem Schlag in meine Seite waren die ersten Eindrücke des neuen Tages. Ich fuhr auf, immer noch am Rand des Betts, verlor den Halt und fand mich kurz später auf dem Boden wieder. Ich versuchte mich aus den Bettlaken zu kämpfen während Ben murmelte: „Das fängt ja gut an.“ Endlich hatte ich den Kampf mit den Bettlaken gewonnen als ich sah, dass Ben meine Kleidung musterte.

„Als erstes machen wir einen ordentlichen Mann aus dir“, brummte er, während er einige seiner Sachen bereit legte. Da war sie wieder, die Aufregung und innerliche Anspannung, die mich während des gestrigen Tages begleitet hatte. Ich nahm die Sachen und zog sie langsam, fast ehrfürchtig an. „Ja, das ist es, so fühlt sich ein echter Mann“, dachte ich, als ich schließlich die Weste zuknöpfte, die Stiefel anzog und das Holster am Gürtel befestigte.

„Hier, die wirst du brauchen“, hörte ich Ben sagen, als ich an mir heruntersah und fast platze vor Männlichkeit. Ich blickte auf und sah, dass er mir einen Revolver entgegen streckte. „Was auch passiert, du wirst diese Waffe nicht ziehen.“, fügte er fast beschwörend hinzu. Er brauchte es nicht zu sagen, aber ich hatte immer noch meine Schießübungen lebhaft in Erinnerung. Ich steckte die Waffe in das Holster, nahm meinen Hut, setzte ihn auf und besah mich im Spiegel. Ja, ein echter Mann blickte mir entgegen – dass mir das Hose etwas zu groß und das Hemd etwas zu weit war, darüber sah ich gönnerhaft hinweg.

„Dies macht deine Erscheinung perfekt“, hörte ich Ben sagen, als er von hinten an mich heran trat und mir sein Tuch um den Hals legte.

Ja, so würden mir die Damen zu Füßen liegen und die Männer respektieren! Ich erinnerte mich daran, wie ich mir meine Zukunft vorgestellt hatte. Meine Träume schienen greifbar nahe. Doch wieder holte mich Ben in die Realität zurück. „Es wird Zeit zu gehen“, sagte er und schob mich zur Türe hinaus. Ich sollte herausfinden, wo sich Annie befand und sobald ich wusste, wo wir sie finden würden sollte ich zurückkehren und Ben würde mir helfen sie zu befreien. Doch im Moment war ich auf mich alleine gestellt.
Ich trat hinaus auf die Straße und ging langsam in Richtung des Gem Theaters. Ich spürte, dass Ben mich beobachtete und plötzlich fühlte ich mich schrecklich alleine. Ich atmete durch, schob die Schultern zurück. Nein, ich würde beweisen, dass er sich auf mich verlassen konnte.

Ich würde beweisen, dass ich ein Mann war.
 

DeletedUser

Kapitel 12: Nachforschungen

Stunde um Stunde trieb ich mich in der Stadt herum, immer auf der Suche nach dem Aufenthaltsort von Annie. Ich kam mit verschiedensten Leuten ins Gespräch, doch sobald ich unauffällig das Gespräch auf Al lenkte verdüsterte sich ihr Gesicht und ich bekam nur noch einsilbige Antworten zu hören. Der Abend brach an und ich hatte immer noch keine brauchbaren Informationen. Jedes Mal, wenn ich an unserer Unterkunft vorbei kam spürte ich Bens Blick in meinem Nacken. Meine Zuversicht und Hoffnung hatten sich in Mutlosigkeit gewandelt. Nein, ich wollte nicht zurück zu Ben, nicht ohne dass ich ihm sagen könnte, wo wir seine Tochter finden würden! Und so tat ich den einzig logischen Schritt, den ein Mann in meiner Situation tun würde… ich näherte mich dem Gem Theater, zielstrebig und mit ausladenden Schritten. Niemand sollte sehen, dass ich mir meiner Sache nicht sicher war, niemand sollte spüren, dass meine Angst immer größer wurde. Was würde mich erwarten? Bilder zogen vorbei, die mir meinen letzten Aufenthalt in einem dieser Etablissements wieder vor Augen führten. Ich zögerte kurz… und hörte, wie die Musik aus dem Inneren des Gem an meine Ohren drang. Magisch zogen mich die Töne an, Gelächter drang an meine Ohren. Ich näherte mich dem Eingang unter dem wachsamen Blick von zwei Damen, die offensichtlich hier arbeiteten. Näher, immer näher, lauter, immer lauter die Klänge der Musik… ich trat über die Schwelle… und war hoffnungslos verloren in all dem, was ich sah! Ein Raum tat sich auf, voll von Menschen, die sich hier amüsierten, Musiker auf der einen, Gäste auf der anderen Seite – und überall sah ich die Damen, die für Entspannung sorgten. Ja, so muss das Paradies sein, dachte ich, als ich mich der Bar näherte.

„Whiskey“, rief ich dem Barmann zu, wissend, dass ich dieses Zeug nicht noch ein Mal trinken würde. Im gleichen Moment spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, eine zweite auf meinem Arm. „Du schaust aus, als ob du Entspannung suchen würdest“, hörte ich eine Stimme nah an meinem Ohr, süß und schmeichelnd. Ich nahm den Whiskey, schluckte, drehte mich zu der Stimme und sagte, so glaubhaft wie möglich, „Ähm, ja, na ja… schon.“, und räusperte mich. All meine Überzeugung schien mit einem Male verschwunden, „ich meine, Entspannung ist ziemlich genau das, was ich suche!“, wagte ich einen zweiten Versuch, krampfhaft eine Tonlage tiefer, ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben, wie ich auf diesem Wege Annie finden sollte.
[FONT=&quot]Sie zog ihre Hand zurück, kniff ihre Augen zusammen und musterte mich. „Wie wär’s mit einem Drink?“, fragte ich sie hastig, um ihr zuvor zu kommen. „Nun, scheint, ich hätte mich doch nicht in dir getäuscht“, erwiderte sie, ebenso süß wie vorher.
Ich gab ihr einen Whiskey und wir stießen an. Sie schmiegte ihren Körper an mich. Heiß, immer heißer wurde mir und ich begann zu schwitzen unter dem Tuch, das Ben mir umgelegt hatte. Sie führ mit ihrer Hand über meinen Rücken, flüsterte mir Nichtigkeiten ins Ohr, die meine Gedanken benebelten. Ich konnte nicht mehr klar denken… bis sie plötzlich inne hielt, noch ein Wort flüsterte – und dieses eine Wort ließ das Blut in meinen Adern stocken.

Das Glas, das ich eben noch in der Hand hielt fiel mit einem Scheppern zu Boden.[/FONT]
 

DeletedUser

Kapitel 13: Different point of view

Ben hatte gerade seinen Begleiter vor die Türe geschoben, den Mann, der ihm helfen sollte. Er schloss die Türe und lehnte sich mit einem tiefen Seufzen dagegen. War es die richtige Entscheidung? War es richtig, dass er das Schicksal seiner Tochter in die Hände eines anderen legte?

Tief in seinem Inneren aber wusste er, dass es zu gefährlich war sich selbst hinaus zu begeben, in diese Stadt, die Al beherrschte, in einer Stadt, wo nicht einmal das Gesetz ihm Einhalt gebieten wollte? Al war ein einflussreicher Mann geworden. Hätte er auch nur geahnt, dass Ben in der Stadt war, Ben hätte die Mittagsglocken nicht mehr gehört.

Er fühlte sich wie ein Tier, gefangen in seinem Käfig. Pausenlos ging er auf und am, immer wieder warf ein einen Blick aus dem Fenster. Da, da war er wieder… er irrte immer noch ziellos umher! Und Zeit war das, was sie nicht hatten! Morgen würde Al wieder in der Stadt sein. Sollten sie bis da hin noch nicht erfolgreich gewesen sein, dann würde Al Annie zwingen in seiner Lasterhöhle zu arbeiten. Ben wollte den Gedanken nicht fertig denken.

Er stand am Fenster, wieder und wieder sah er seinen Begleiter umherirren. Dabei fiel ihm ein, dass er immer noch nicht seinen Namen kannte. Ben wurde immer mutloser. Das Schicksal seiner Tochter in den Händen eines Mannes, dessen Namen er nicht kannte! Und er stand hier, gefangen und es gab keine Möglichkeit einzugreifen. Zu groß war die Angst, jemand könnte ihn erkennen und seinen Aufenthaltsort preisgeben.

Da, schon wieder ging er vorbei… an seiner Körperhaltung konnte Ben erkennen, dass er seinen Mut verloren hatte. Das sollte es gewesen sein? Er würde es ich niemals verzeihen, falls seiner Tochter etwas zustoßen würde! Mit jedem langsamen Schritt, den sein Begleiter tat sank aber seine Hoffnung. Plötzlich – er wagte seinen Augen kaum zu trauen – richtete sich sein Begleiter auf, blickte auf das Gem… und ging darauf zu, erst zögernd, dann immer zielstrebiger. Er wollte doch nicht… er würde nicht… und doch! Sein Begleiter war in dem Haus gegenüber verschwunden! Jetzt konnte ihm nur noch Glück oder Gottes Beistand helfen! Was hatte er sich nur dabei gedacht?

Langsam drehte er sich um, mutlos… nahm ein Glas und füllte es randvoll mit Whiskey. Er nahm einen tiefen Zug, verdammt dazu am Fenster zu stehen und zu hoffen, dass er nicht ein Leben aufs Spiel setzte. Seine Gedanken schweiften ab, ließen die letzten Tage an ihm vorbei ziehen. Nein, sein Begleiter, den er zum Retter seiner Tochter auserkoren hatte, würde sie nicht finden. Er würde wenn alles gut ging seine eigene Haut retten können. Und auch das wagte Ben plötzlich zu bezweifeln.

Die Minuten verstrichen und Ben ließ den Eingang des Gem nicht aus den Augen, hoffte, dass sein Begleiter bald herauskommen würde, sein Glas aufs Neue gefüllt. Doch dann, wie aus dem Nichts sah er drei Männer vor dem Gem auftauchen. Ein flüchtiges Erkennen ließ ihn die Männer genauer betrachten.
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Das Glas, das er eben noch in der Hand hielt fiel mit einem Scheppern zu Boden.[/FONT]
 

DeletedUser13032

Mhhh ich freu mich schon sehr auf die Fortsetzung:up: Wiedereinmal 1A geschrieben :wink1:
 

DeletedUser

Vielen Dank :) Das ehrt mich! Bevor ich arbeiten muss noch ein kurzes Kapitel.
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Kapitel 14: Bedrängnis

„Al“, flüsterte sie in mein Ohr und ich konnte spüren wie mein Körper erstarrte. „Al“, wiederholte ich, unfähig mich zu bewegen und konnte sehen dass mein Glas meinen Händen entglitt. Die Zeit schien stillzustehen, mein Glas fiel, langsam schien es zu Boden zu sinken. Fast meinte ich, ich könnte es noch auffangen. Es kam auf, ich sah wie die goldgelbe Flüssigkeit sich spritzend über den Boden verteilte. Starr konnte ich beobachten wie es weiterrollte und zu Füßen meiner Begleiterin liegen blieb.
Das Rauschen in meinen Ohren verflüchtigte sich und die Zeit schien wieder ihren normalen Lauf zu nehmen. Niemand hatte meine schreckhafte Reaktion bemerkt, alle schienen vom Anblick des Mannes und seinen Begleitern, die soeben die Bar betreten hatten, gefesselt zu sein. Meine Gedanken schienen zu rasen, rastlos suchten sie einen Ausweg - und doch blieb ich regungslos stehen.

Die gedämpften Unterhaltungen wurden wieder lauter als Al sich an die Bar bewegte und mit einem Nicken sein Getränk schon an der Bar fand noch bevor er ein Wort sagen musste. Ja, man konnte spüren, dass er hier das Sagen hatte. Der Angst, wenn auch versteckt hinter mühevoll aufrecht erhaltenen Lächeln, schien sich keiner im ganzen Raum entziehen zu können. Mit dem Rücken zu Al, der keine zwei Meter hinter mir stand konnte ich die Gesichter der Gäste beobachten. Jeder schien angezogen von seiner Person doch niemand wagte es ihm in die Augen zu sehen.

„Er kennt dich nicht“, versuchte ich mich zu beruhigen. „Er weiß nicht, warum du hier bist.“ Langsam ließ das schwere Pochen meines Herzens nach, das Pulsieren meiner Adern legte sich und ich fand zurück zu einer scheinbaren Ruhe. Meine Begleiterin, die sich offensichtlich auch wieder gefangen hatte begann sich wieder auf mich zu konzentrieren. Immer noch versuchte sie mich zu verführen, doch mit meinen Ohren versuchte ich den Gesprächen von Al und seinen Männern zu folgen.

Die laute Musik ließen nur einzelne Worte an mein Ohr dringen, die Berührungen meiner Begleiterin ließen meine Konzentration bröckeln. Wieder und immer wieder schien sie mich in ihren Bann zu ziehen. Dann - plötzlich - drangen Wortfezen zu mir, gerade als die Musik für einen Moment ruhig war:

„Ich habe gehört, dass jemand nach mir sucht. Schafft mir denjenigen her!“, drang die tiefe Stimme Als zu mir. Innerhalb von Sekunden schien mein Herz zu platzen, Blut rauschte wieder durch meinen Körper, ein unangenehmes Gefühl der Angst schien sich von meinem Bauch auszubreiten, bis dieses Gefühl jede Faser meines Körpers erfasst hatte.

„Hey! Was ist los? Hast du mir zugehört?“ Ich löste mich aus meiner Erstarrung und sag die großen, fragenden Augen meiner Begleiterin. „Ich… ich… ich möchte mit dir alleine sein. Sofort!“, erwiderte ich und hatte keine Ahnung, wovon sie gesprochen hatte. Verwirrt von meinem plötzlichen Sinneswandel schien sie mir nicht folgen zu können. Dann aber lächelte sie, nahm meine Hand und führte mich in die hintere Ecke der Bar, die sich zu einem Gang öffnete, den ich bis dahin noch nicht bemerkt hatte. Einen Schritt nach dem anderen folgte ich ihr und wartete darauf, dass mich jemand erkennen würde als den Mann, der sich den ganzen Tag nach Al erkundigt hatte. Doch niemand schien von uns Notiz zu nehmen und wir erreichten den hinteren Teil der Bar. Sie führte mich weiter in einen abgetrennten Raum, dessen Einblick von schweren Vorhängen verdeckt blieb. Ich drehte mich um, um den Vorhang zu schließen und konnte so einen Blick auf Al werfen. Das also war der Mann, den alle fürchteten und der Bens Tochter hier irgendwo versteckt hielt. Warum, zum Teufel, war er heute schon hier? Sein Äußeres schien sein Innerstes wiederzuspiegeln. Haare, tiefschwarz und zerzaust hingen in sein Gesicht, ein mächtiger Schnauzbart fand sich an seiner Oberlippe und eine Narbe zog sich über sein Kinn.

[FONT=&quot]Gerade als ich mit zitternden Händen den Vorhang schloss traf sich unser Blick. Ein eisiges Frösteln überfiel meinen Körper. Doch fürs Erste war ich in Sicherheit.

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DeletedUser

Danke! Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich zu dick auftrage. Aber es neigt sich ohnehin dem Ende zu ;-)
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Kapitel 15: Ausgeliefert

Ich atmete tief durch, das Schicksal wollte mir eine kurze Verschnaufpause gönnen – und diese Zeit galt es zu nutzen. Ich versuchte mich in dem kleinen Raum zu orientieren. Doch einzig eine gedämpfte Lampe erhellte das Dunkel, das schummrige Licht sollte für Intimität sorgen. Hastig eilte ich in der kleinen Kammer umher - doch ich musste feststellen, dass kein Fenster mir Rettung aus dieser auswegslosen Situation bot. Ich lief auf und ab, die Vorstellung dass Als Leute mich finden könnten und mich zu ihm bringen sollten ließ keinen anderen Gedanken zu.

„Alles was du suchst liegt hier, direkt vor dir“, hörte ich plötzlich eine Stimme, leise und verführerisch. In meinen verzweifelten Versuchen einen Ausweg zu finden hatte ich vollkommen vergessen, dass ich nicht alleine war. Ich blickte in die Richtung aus der ich die Stimme vernommen hatte. Da lag sie, die Frau, die mich unwissend gerettet hatte. Sollte sie jetzt zu meinem Verhängnis werden? Ihr Augenaufschlag, ihr lüsternes Lächeln ließ erahnen, dass ich nicht der erste war, den sie sich so geboten hatte. Nein – ich würde so oder so nicht lebend hier hinaus kommen, schoss ein Gedanke durch meinen Kopf.
Ich eilte zum Vorhang, den ich Minuten vorher erst hinter mir zugezogen hatte, öffnete ihn einen Spalt und schaute hinaus. Dies war der einzige Weg, der mich aus dieser Hölle befreien könnte - doch ich wagte es nicht. Langsam drehte ich mich um und hörte meine brüchige Stimme:

„Oh Gott, oh nein… wie konnte ich nur? Wie konnte das nur passieren? Er wird… ja… er wird mich finden! Sie werden mich finden!“, stammelte ich vor mich hin und fügte leise, fast atemlos hinzu: „Sie werden mich umbringen…“ Hilflos sank ich neben meiner Begleitung auf das Lager und sank in mich zusammen.
Meine Worte ließen sie aufhorchen und sie richtete sich auf. „Wie? Was meinst du?“, fragte sie erstaunt. „Was soll das heißen“, fuhr sie mit schriller Stimme fort, betrachtete mich, und sah, dass ich meinen Kopf in meinen Händen vergraben hatte.
Sie musste bemerkt haben, dass ich vollkommen verzweifelt war denn dann fuhr sie mir mit einer Hand durchs Haar und flüsterte beschwörend:

„Willst du mir nicht erzählen, was dich so betrübt?“

Ich grub keinen Kopf tiefer noch in meine Hände und meine Verzweiflung ließ mich reden.

„Ich bin hier, weil ich auf der Suche nach einem Mädchen bin, Annie. Sie ist die Tochter eines Freundes und ich bin mir sicher, dass sie hier irgendwo sein muss. Doch Al tauchte früher als erwartet hier auf und nun bin ich hier, gefangen, und dir vollkommen ausgeliefert. Wenn Al mich in seine Finger bekommt, dann sind meine Tage gezählt.“
Ich ließ mich an ihre Seite sinken und atmete tief, meine Augen geschlossen als könnte ich so die Realität aussperren. Ich spürte, dass ihre Hand auf meinem Rücken verweilte und konnte nur warten, was passieren würde. Würde sie die Männer holen und mich Al übergeben? Doch die Minuten verstrichen und wir saßen nebeneinander, ohne dass sie sich rührte. Vielmehr konnte ich spüren, dass ich Körper sich versteifte und sie nur ganz flach und leise atmete. Ihre Brust hob und senkte sich und ich konnte ihr Herz schlagen hören.

Sie beugte sich zu mir und ich konnte ihre Lippen auf meiner Wange spüren. Zum ersten Mal seitdem ich das Gem betreten hatte war ich vollkommen ruhig und gewann wieder etwas Zuversicht zurück. Ich ließ den Augenblick verstreichen und konnte immer noch ihren Kuss auf meiner Wange brennend und heiß spüren. Sie zog sich etwas zurück und ich konnte sie flüstern hören:
„Ich weiß. Auch ich habe mir dieses Leben nicht ausgesucht. Ich wurde nach Deadwood gelockt mit Versprechungen, die nicht eingehalten wurden – und ich bin nicht die einzige. Seitdem hat mich Al in der Hand und ich muss so meinen Lebensunterhalt verdienen. Schau mich an! Glaube mir, dieses Leben suchen sich die wenigsten freiwillig aus.“
Sie drückte sich an mich und ich konnte spüren wie eine ihrer Tränen meine Wange benetzte:

„Ich werde dir helfen“ flüsterte sie.


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DeletedUser

Kapitel 16: In der Höhle des Löwen

Ben hielt nichts mehr in dem Zimmer. Seitdem er gesehen hatte, dass Al früher als erwartet nach Deadwood gekommen war konnte er nicht mehr tatenlos zusehen. Eilig zog er seine Stiefel an, legte ein Halstuch um und setzte seinen breitkrempigen Hut auf. Ein letzter Blick in die Kammern des Revolvers und er wusste, dass er bereit war - bereit, alles zu tun um Annie und seinen Begleiter zu retten.

[FONT=&quot]Er versuchte nicht nervös zu wirken, als er sich dem Gem näherte, zog sein Halstuch höher und seinen Hut tiefer ins Gesicht um nicht sofort erkannt zu werden. Er betrat das Gem und setzte sich auf den ersten freien Platz, so nahe an der Tür wie möglich. Er ließ seinen Blick schweifen und konnte sehen, dass Al an der Bar stand, umringt von seinen Männern, den Rücken ihm zugewandt. Doch sein Begleiter war nicht zu sehen. War es ein gutes Zeichen, dass Al sich immer noch im Barraum aufhielt? Ratlosigkeit befiel ihn und er beschloss zu warten. Bevor er nicht wusste, wo sein Begleiter sich aufhielt war er zum Nichtstun verdammt.

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DeletedUser

Kapitel 17: Ablenkung

Ein Poltern wurde laut als draußen im Gang drei Männer sich gegenseitig Anweisungen gaben.
„Los, du fängst hinten in den abgetrennten Kammern an. Wir zwei sehen uns im ersten Stock um!“, konnten wir gedämpfte Befehle hören. Meine Begleitung fuhr auf und wischte ihre Tränen von ihren Wangen.
„Ich glaube, sie suchen nach dir“, flüsterte sie, „wir haben nicht viel Zeit!“ Bevor ich auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte knöpfte sie die Knöpfe ihres Kleides auf und zog die Spangen aus ihrem Haar, das sich sofort über ihre Schultern legte. . „Zieh dein Hemd und deine Stiefel aus und wirf sie auf den Boden!“, wies sie mich an. Ich hatte keine Wahl, ich musste ihr vertrauen – auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie ich halb nackt von hier entkommen sollte.
Ich entledigte mich meiner Sachen und warf sie auf den Boden, während man überraschte Schreie aus einer der anderen Kammern hören konnte. Sie zog ihr Kleid von ihren Schultern und drückte meinen Körper sanft aber bestimmt auf das Lager. Dann raffte sie ihre Kleider, legte sich auf mich, immer darauf bedacht, mein Gesicht zu verbergen. Da lag ich nun – in Bruchteilen einer Sekunde zogen die Eindrücke der letzten Stunde durch meinen Kopf und wurden bald verdrängt von dem, was ich da sah. Ihre milchig-weiße Haut, samtig und weich, die sich gerade noch in ihrem Dekollete verborgen hatte ließ meinen Mund trocken werden. Ihr Duft, süß und leicht, ließ meine Sinne schwinden… Gott! Zu einer anderen Zeit, an einem anderen Ort… meine Beherrschung würde bald verflogen sein.
Schatten tanzen auf ihrem schönen Körper als jäh der Vorhang aufgerissen wurde und ein Lichtstrahl das schummrige Dunkel durchdrang.
Bevor der Eindringling jedoch auch nur zwei Schritte in die Kammer machen konnte riss sie ihren Kopf herum, ihr Körper krümmte sich. Scheinbar erschrocken versuchte sie ihre Blöße zu bedecken, bis ich einen empörten Schrei aus ihrer Kehle hörte. Gott, konnte sie fluchen! Sie warf Worte, die sich einer Dame nicht geziemten, dem Eindringling entgegen. Dieser, der nicht mit dieser Wortgewalt gerechnet hatte, stieß ein paar hastige Entschuldigungen hervor und verließ fluchtartig die Kammer.
„So, den wären wir fürs erste los“, meinte sie mit einem Grinsen.

Ein letzter, sehnsuchtsvoller Blick wurde mir gestattet und sie knöpfte ihr Kleid wieder zu. „Dazu wirst du noch oft die Gelegenheit haben“, meinte sie mit einem schelmischen Grinsen, „doch jetzt solltest auch du dich wieder anziehen“. Ich konnte spüren wie mein Gesicht sich tiefrot verfärbte. Wann nur würde ich wissen, wie ich mit Frauen umzugehen hatte? Würde ich sie je verstehen?
Sie hielt mir das Hemd hin und ich zog es über meinen Kopf, dankbar um jede Sekunde in der ich versuchte meine Fassung zurück zu erlangen. Eilig zog ich meine Stiefel an und bedankte mich stammelnd, immer noch unter dem Eindruck der letzten Minuten.

„Und jetzt werden wir folgendes tun“, flüsterte sie. „Am Ende des Ganges finden wir eine Treppe, die zu Als Privaträumen im 2. Stock führen. Seit ein paar Tagen treibt sich im ersten Stock ein Bewacher herum, und nach all dem, was du mir erzählt hast, kann es sich nur um Ann handeln, die dort oben gefangen gehalten und bewacht wird. Ich werde zuerst gehen und du wartest am Aufgang. Pass auf, dass dich niemand sieht! Wenn ich richtig liege, sollten wir nach meinem Auftritt auf keinen mehr im Gang treffen.“, erklärte sie eindringlich.
„Den Bewacher lass nur meine Sorge sein. Du hast meine Talente ja eben kennen gelernt“, sagte sie mit einem leisen Lächeln. Wieder begann ich die Farbe zu wechseln.

„Sobald wir die Türe zum Zugang zu den Mädchenzimmern im ersten Stock geschlossen haben wirst du so schnell es geht bis ans Ende der Treppe laufen – da befinden sich die Privaträume. Von da an bist du wieder auf dich alleine gestellt.“
Bevor sie ihren Blick in den Gang warf um sich sicher zu sein, dass niemand da war, der nach mir suchte hörte ich sie noch flüstern:
„Vergiss mich nicht. Und wenn sich die Gelegenheit bietet, dann nimm mich mit.“ Ich konnte ihre flehende Bitte nur erahnen.

„Das werde ich. Und danke…“

„Rose“, sagte sie und schlüpfte hinaus in den Gang.
 

DeletedUser

Kapitel 18: Suche

Ich folgte ihr und als wir die ersten Stufen der Treppe hinaufgestiegen waren bedeutete sie mir, mich ruhig zu verhalten. Ich blieb stehen, drückte mich so nah als möglich an die Wand und Rose warf mit einen beruhigenden Blick zu. „Wünsch mir Glück“, sagte sie leise, bevor sie schnell die knarrenden Stufen weiter hinauf eilte. Ich konnte nicht sehen, was oben vor sich ging aber jedes Wort hören, das sie mit dem überraschten Wächter wechselte. Er schien ihr binnen Sekunden vollkommen verfallen zu sein, denn hätte er nur einen Schritt auf die Seite getan und einen Blick in Richtung Treppenaufgang geworden – unweigerlich hätte er mich entdeckt und sofort Alarm geschlagen.
Ja, sie hatte nicht zuviel versprochen – wenige Augenblicke später hatte sie den Wächter betört und er schien bereit zu sein seinen Posten, wenn auch nur kurz, zu verlassen. Ich konnte seine Bedenken die er äußerte hören, doch geschickt – und mit allen Vorzügen, die ihr die Natur mitgegeben hatten – konnte sie sein Verlangen so weit steigern, dass er seine Pflicht vergaß und ihr folgte. Ich hörte, dass eine Türe sich schloss und dann herrschte vollkommene Ruhe.

Ich stand da, regungslos, schloss für einen Moment die Augen. Schweiß stand mir auf der Stirn und ich konnte spüren, dass sich mein Herzschlag wieder beschleunigte. Ich atmete tief durch – jetzt lag es an mir! Ich setze den ersten Schritt, dann den zweiten… und dann lief ich so schnell ich konnte in das oberste Stockwerk. Oben angekommen lehnte ich mich an die Wand. Meine Kleidung schien an meinem Körper zu kleben und wieder ergriff ein Zittern meinen Körper. Unruhe und Nervosität hinterließen ihre Spuren. Und doch - der erste Schritt war getan!

Ich schaute mich um – drei Türen waren zu erkennen. Ich trat an die erste Türe, legte mein Ohr daran und versuchte ruhig zu atmen. Kein Laut drang aus dem Inneren. Langsam stieß ich die Türe auf und knarrend öffnete sie sich. Ich trat ein und Dunkelheit umfing mich. Als sich meine Augen an die Schwärze gewöhnt hatten konnte ich die Umrisse eines großen Schreibtisches erkennen. Ich befand mich offensichtlich in dem Büro von wo aus Al seine dunklen Geschäfte leitete. Ich trat zurück in den Gang und machte mich an der zweiten Türe zu schaffen. Ich öffnete sie – aber auch hier konnte ich Annie nicht finden.
Als ich zur dritten Türe kam bemerkte ich einen schwachen Lichtschein, der aus der Ritze zwischen Türe und Boden drang. Ich bückte mich und versuchte einen Blick durch das Schlüsselloch zu werfen. Ich konnte das Kopfende eines Bettes erkennen und auf diesem Bett schien jemand zu liegen. Gerade in dem Moment drehte die Gestalt ihren Kopf in meine Richtung – und ich glaubte, Annie erkennen zu können! Annie! Doch war sie es wirklich? Ich hatte nur ein Mal ein Bild von ihr gesehen nur flüchtig konnte ich mir ihr Gesicht einprägen. Aber es konnte nicht anders sein, ich war mir sicher – hinter dieser Türe würde ich Annie finden! Sollte ich mich täuschen... dann wäre das Risiko, das Ben und ich eingegangen waren umsonst gewesen sein.

Ich richtete mich auf und leise drückte ich die Türklinke nach unten. Ein schweres Quietschen - unnatürlich laut - erfüllte die Luft.

Es war abgeschlossen.
 
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DeletedUser

Kapitel 19: Schlagkraft

Ben saß in der Bar, unschlüssig, was er tun sollte. Bisher hatte er an seinem Drink genippt und versuchte fieberhaft irgendwo in der Menge seinen Begleiter zu sehen. Doch immer noch war keine Spur von ihm zu sehen. Sollte er sich verraten haben? Er musste herausfinden, wo er sich aufhielt. Unauffällig ließ er seinen Blick schweifen. Die Bar war brechend voll und Whiskey floss in Strömen. Ein paar Tische weiter konnte er sehen, dass einige Männer sich die Zeit beim Poker vertrieben. Ernst und konzentriert schienen sie keinen ihrer Gegner aus den Augen zu lassen. Dahinter vergnügten sich einige Gäste mit den jungen, hübschen Mädchen, die – wohin man auch schaute – Männer dazu animierten, ihnen einen Drink auszugeben, vielleicht auch mehr.
An der Bar hatte sich eine Gruppe gebildet, die zwei Männer umringten, die offensichtlich ein Problem mit sich hatten. Man konnte erkennen, dass sie schon tüchtig dem Alkohol zugesprochen hatten und keiner wollte das Feld räumen. Dann sah er aus dem Augenwinkel, dass Al sich mit einem seiner Männer an einen Tisch zurückgezogen hatte. Ein zweiter, der stolpernd aus einem Gang bog, der zu kleinen, abgeteilten Räumlichkeiten zu führen schien, kam dazu. Ben konnte erkennen, dass er sich mit hochrotem Gesicht zu Al setzte, und den Kopf schüttelte. Als Gesichtsausdruck schien sich zu verdüstern denn scheinbar waren es keine guten Nachrichten, die der Mann ihm überbracht hatte.
Er schaute sich weiter um – eine große Treppe führte in den ersten Stock. Die erste Türe war mit „Privat“ gekennzeichnet, hier würde es wohl zu den Privaträumen gehen. Der Blick zu den anderen Türen wurde ihm versperrt, denn auch oben waren viele Leute zu sehen, die sich amüsierten. Er konnte sehen, dass aus der Türe zum Privatbereich ein dämlich grinsender Mann und eine hübsche junge Frau traten. Er schien sich wohl schon am Ziel seiner Träume zu sehen. Bevor er aber die zwei genauer betrachten konnte verschwanden sie auch schon wieder in der Menge.
Ben war sich sicher – er müsste sich in den Kammern im Gang umsehen – und sollte er da niemanden finden, dann würde er versuchen Als Privaträume zu durchsuchen. Sollte er schon nicht seinen Begleiter wieder finden so würde er vielleicht zumindest einen Hinweis auf den Verbleib seiner Tochter finden.

Die Luft war zum Schneiden, diffus durch den Rauch, der hier herrschte. Immer noch schienen die Kehlen der durstigen Männer nach Whiskey verlangen, denn es lag eine Spannung in der Luft, die beinahe greifbar war. Ben würde sich beeilen müssen. Wollte er sich in Ruhe umsehen musste er sich etwas einfallen lassen. Sein Blick führte ihn zurück zu den beiden Männern, die immer noch uneins waren, aber die Lage schien sich langsam zu entspannen. Die zwei starrten sich immer noch zornerfüllt an als Ben sich seinen Weg hinter sie durch die Schaulustigen bahnte. Doch dann schien einer der beiden aufzugeben, murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und wandte sich ab. Dies war die Gelegenheit! Unbeobachtet versetzte Ben dem Mann einen Tritt in die Kniekehle, der ihn stolpern ließ. Wutentbrannt kam er wieder auf die Füße, schnaubte und ging auf seinen vermeintlichen Angreifer los. Der erste Schlag traf diesen am Kinn und der zweite folgte sofort darauf, wohl platziert auf der Nase. Ein Knacken und die ersten Tropfen dunklen Blutes tropften auf die Dielen.

Ein Gewitter schien loszubrechen! All der aufgestaute Zorn und die Wut, die die Männer in sich hatten schienen sich auf einmal zu entladen. Angesteckt von dem plötzlichen Kampf ergriffen die ersten Gäste Partei. Ihnen schien es egal zu sein für wen , einzig die rohe Gewalt schien ihnen zu gefallen. Fäuste flogen und die ersten Männer gingen zu Boden nur um sich kurz zu sammeln und wieder an dem Kampf teilzunehmen. Die Mädchen brachten sich kreischend in Sicherheit, doch auch die eine oder andere schien sich gut wehren zu können. Noch konnte sich Ben, der sich wieder zum Ausgang geschoben hatte aus der Schlägerei heraushalten, doch der Weg in den ersten Stock war schon versperrt. Er blickte zu dem Tisch, an dem sich Al befunden hatte und sah, dass er fassungslos das Geschehen beobachtete. Dann aber schien Al sich zu sammeln und griff an seine Seite. Gerade als er seinen Revolver ziehen wollte trafen seine Augen Bens Blick. Ein kurzes Aufflackern des Erkennens schien ihn zögern zu lassen, er schüttelte aber ungläubig seinen Kopf und konzentrierte sich wieder auf die Verteidigung seiner Bar.

Ben spürte, dass er mit diesem Blick einen Fehler begangen hatte. Al wusste, dass hier etwas vorging doch Ben konnte nicht sagen ob Al ihn wirklich wieder erkannt hatte. Der Weg nach hinten schien abgeschnitten. In seinen Gedanken verloren hatte er die Schlägerei, in der nun alle noch stehenden Männer verwickelt waren, außer Acht gelassen. Ein kräftiger Schlag an sein Kinn aber ließ ihn in die Wirklichkeit zurückkehren. Er taumelte, fasste sich ans Kinn. Blutt floss aus einer Platzwunde, warm und klebrig spürte er es auf seinen Fingern.

Ben kämpfte sich zurück auf seine Füße, schüttelte den Kopf um wieder klare Gedanken fassen zu können. Hier würde er nichts ausrichten können. Er verließ das Gebäude, das Geschrei und der Lärm wurden leiser als er um die Ecke bog. Klare, frische Luft verlieh seinem Geist neue Kraft. Inständig hoffte er, dass sein Begleiter es rechtzeitig aus dem Haus geschafft hatte. Seine Begabungen im Zweikampf waren mehr als unbrauchbar. Sollte er sich noch drinnen befinden, dann stünde es schlecht um ihn.

Ein Schuss fiel.
 

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[FONT=&quot]Kapitel 20: Annie

Sie war in diesem Zimmer! Doch die Türe war verschlossen. Ich rüttelte am Griff, doch sie schien sich nicht im Geringsten bewegen zu wollen. Von unten drang Lärm herauf, zuerst leise, dann immer lauter. Sollten sie wissen, dass ich hier oben war? Ich musste mich beeilen! Ich musterte die Türe, suchte nach einer Möglichkeit in das Zimmer zu gelangen. Sie schien nicht sehr stabil zu sein. Sollte ich versuchen…? Ich trat einen Schritt zurück, dann noch einen und bald spürte ich die Wand hinter mir.
Ja, das sollte reichen. Ich atmete tief ein, sammelte meine Kräfte… nahm Anlauf… und lief mit der Schulter voraus gegen die Türe. Ich verspürte einen Schlag als ich gegen das harte Holz prallte. Ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Arm und ich wurde hart zu Boden geschleudert. Da saß ich - am Boden und musterte die Türe. Doch sie schien immer noch fest in den Angeln zu sitzen.
Ich stand auf und ging zurück, wieder lehnte ich mich gegen die Wand, schloss die Augen und stellte mir vor, wie ich dieses Mal die Türe durchbrechen würde. Ich spannte meine Muskeln an, konzentrierte mich und lief los. Meine zweite Schulter sollte beenden was die erste begonnen hatte. Ich lief so schnell ich konnte – und klatschte regelrecht gegen die Türe, taumelte rückwärts und landete, diesmal mit dem Gesicht voraus, auf dem Boden. Ich spürte, dass Blut von meinem Kinn tropfte – doch auch dieser Versuch war zum Scheitern verurteilt gewesen.

Der Lärm, der aus dem Barraum heraufdrängte wurde immer lauter – ich hörte berstendes Holz, Geschrei und zerbrechende Gläser. Panik machte sich in mir breit. Was war da unten los? Würden bald Als Leute heraufkommen und mich finden? Schmerz pochte in meiner linken Schulter und mein Kinn brannte. Ich musste in dieses Zimmer gelangen!

Verzweifelt versuchte ich die Türe mit meinem Fuß einzutreten doch wieder war die Türe stärker. Mit jedem Tritt verringerte sich das Stechen in der Schulter, doch dieser fand sich schnell in meinem Bein wieder. Verzweifelt ließ ich mich gegen die Wand fallen – und spürte einen harten Gegenstand an meiner Hüfte. Die Waffe! Ben hatte mir eine Waffe gegeben! Seine Warnung, ich sollte sie unter keinen Umständen verwenden hallte in meinen Ohren nach. Ich zog den Revolver mit meiner unverletzten Hand aus dem Holster, schwer wog sie zwischen meinen Fingern. Ben würde verstehen…

Ja, ich würde das Schloss aufschießen! Inständig hoffte ich, dass sich Annie, aufgeschreckt durch den Lärm, in eine Ecke verzogen hatte – Ben würde mir nicht verzeihen, sollte ich seine Tochter – wenn auch unabsichtlich – verletzen. Ich legte an, schloss die Augen und hörte den Schuss. Das Dröhnen hallte in meinen Ohren nach, ich öffnete die Augen und sah, dass mein Vorhaben geglückt war! Die Türe war ein kleines Stück aufgesprungen! Bilder von einer verletzen Annie schossen durch meinen Kopf und ich fürchtete, was ich in dem Zimmer vorfinden würde. Ich drückte gegen die Türe, knarrend öffnete sie sich und gab einen Teil des Zimmers frei. Langsam, ganz langsam ging ich hinein und… spürte einen heftigen Schlag gegen meinen Kopf. Benommen stürzte ich zu Boden.

„Aber… aber… ich bin hier…“, stammelte ich.

„Was willst du?“, kreischte Annie wie von Sinnen und versuchte über mich hinweg zu stiegen. Ich bekam einen ihrer Knöchel zu fassen und hielt sie so fest als möglich. Sie zerrte und zog, doch ich durfte sie nicht gehen lassen! „Ich…ich…“, suchte ich nach den richtigen Worten, doch sie wehrte sich immer noch so gut sie konnte.

„Annie!“ rief ich laut als ich bemerkte, dass sie nicht nachgeben würde. Als sie ihren Namen hörte zögerte sie und drehte sich zu mir. Weil ich immer noch ihren Fuß hielt strauchelte sie und kam neben mir zu Boden.
„Aber… woher…woher kennst du meinen Namen?“, fragte sie atemlos. Ihre großen, dunklen Augen starrten mich an.

„Dein Vater… er schickt mich“, hörte ich mich krächzen, „er ist hier und ich bringe dich zu ihm“, fügte ich hinzu. „Ich bin derjenige, der dich retten soll“, stammelte ich und das Blut auf meinem Kinn, die Beule auf meinem Kopf und die schmerzende Schulter, die ich mir hielt komplettierten das Bild eines wahrhaften Retters.

„Mein Vater ist hier? Und du bringst mich zu ihm?“, fragte sie fast ungläubig. „Ja, das werde ich. Hab keine Angst“, versprach ich und versuchte ein Keuchen zu unterdrücken. Verdammt, hatte diese zierliche Frau einen Schlag! dachte ich und sah, dass ihre Waffe ein Nachttopf gewesen war. Sie folgte meinem Blick. „Er war leer“, schmunzelte sie und konnte nicht ahnen, wie beruhigend diese Worte waren.

Sie strich mir zart über die Beule auf meinem Kopf, die sich langsam durch ein Ziehen bemerkbar machte. Und da ich immer schon ein gutes Gespür für den richtigen Zeitpunkt hatte verschenkte ich in diesem Moment mein Herz. [/FONT]
 

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Kapitel 21: Flucht oder:26. September 1879*

„Wir sollten uns beeilen“, sagte Annie beschwörend. „Ich möchte keine Minute länger hier sein“, schnappte sich den Nachttopf und war schon auf dem Gang. Stöhnend richtete ich mich auf und humpelte ihr nach. Sie war an der Treppe angelangt und wartete auf mich.
„Komm schon, beeil dich“, rief sie um den Krach aus den unteren Räumen zu übertönen. Ich schloss auf und gerade als wir die ersten Stufen hinter uns hatten lief uns von unten ein Mann entgegen, dicht gefolgt von … Rose! Es war der Wächter, den sie abgelenkt hatte um mich in das oberste Stockwerk zu bringen. Die Erkenntnis, dass er uns gleich erreicht hatte ließ mich erstarren. Ein hämisches Grinsen überzog sein Gesicht, als er uns entdeckte und immer näher kam. Doch Annie holte aus und zum zweiten Mal innerhalb weniger Minuten konnte sie einen harten Treffer landen. Der Wächter, mitten im Lauf gegen ein Hindernis gerannt, schien wie angewurzelt stehen zu bleiben und fiel langsam rückwärts. Mit lautem Gepolter stürzte er die Treppe hinunter um am Fuß benommen liegen zu bleiben. Er schüttelte den Kopf und wollte sich gerade wieder aufrichten als Rose ihm einen Kinnhaken verpasste, der den Rest erledigte. Er würde eine Zeit lang nicht mehr zu sich kommen.

Rose zwinkerte mir zu. „Ich hab doch gesagt, du sollst mich nicht vergessen!“, rief sie. „Jetzt aber kommt. Wir müssen uns beeilen!“. Annie hatte bald aufgeschlossen und auch ich lief, versuchte aber meinen verletzten Fuß so wenig als möglich zu belasten. Wir erreichten die zweite Treppe und das laute Geschrei, das von unten zu uns heraufdrang ließ uns wissen, dass hier kein Weg nach draußen führen würde.
„Hier durch“, meinte ich Rose zu hören, doch der Lärm war ohrenbetäubend. Sie bedeutete uns ihr zu folgen und schob und durch die Verbindungstüre. Kaum waren wir durch bot sich uns ein Bild des Schreckens! Kein Mann schien sich dieser wilden Prügelei entziehen zu wollen. Auch hier würden wir nicht unbeschadet nach unten kommen! Rose nahm Annies Hand und zog sie den Gang entlang. Ich folgte ihnen, konnte aber kaum meinen Blick von dem Geschehen, das sich mir bot, wenden. Zerbrochene Stühle und Gläser, bewusstlose Männer so weit das Auge reichte! Und mitten drinnen stand Al, aufrecht und unverletzt. Es schein meinen Blick zu spüren, denn bevor wir in einem der Mädchenzimmer verschwanden trafen sich unsere Blicke. Wutentbrannt erkannte er, was hier oben vor sich ging – er stieß einen Mann, dann einen zweiten einfach zu Boden. Jedem, der sich in seinen Weg stellte sollte es den anderen gleich machen. Mit langen Schritten raste er auf die Treppe zu und hatte schon den Absatz erreicht, als wir die Türe zu dem Zimmer verschlossen.

„Schnell, helft mir“, schrie Rose und begann eine Kommode in Richtung der Türe zu schieben. Annie packte tatkräftig mit an und auch ich versuchte, soweit es mein körperlicher Zustand es zulassen wollte, zu helfen.
[FONT=&quot]
Gerade in dem Moment, als wir ächzend unsere Barrikade aufgebaut hatten hörten wir wie Al wütend gegen die Türe krachte! Er schrie, doch seine Worte wurden vom Lärm gedämpft.
Wir schauten uns um – wir befanden uns in einem Zimmer, scheinbar überstürzt verlassen, als der Tumult im Barraum losging. Der Lichtschein einer vergessenen Lampe ließ den Blick auf ein zerfurchtes Bett zu in dem sich noch Minuten vorher jemand befunden haben musste. Ein Hut, achtlos auf den Boden geworfen lag immer noch da als stummer Zeuge der Eile, in dem sich die Leute befunden haben mussten. Auf der Rückseite konnte ich ein Fenster[/FONT][FONT=&quot], das auf die Rückseite des Hauses ging,[/FONT][FONT=&quot] sehen - und dies schien der einzige Fluchtweg zu sein, den wir hier wählen konnten. Dieser Weg sollte uns in einen Hinterhof führen, erklärte Rose, um einiges ruhiger als ich selbst war.

Al schlug wie von Sinnen auf die Türe ein, ein tierischer Laut drang durch das Holz. Annie und Rose machten sich daran das Fenster zu öffnen, warfen einen prüfenden Blick nach unten. „Ja, es wir gehen“, hörte ich eine der beiden rufen. „Wenn wir uns an das Fenster hängen, dann sind es nur gut zwei Meter und wir sind gerettet!“

„Ihr geht zuerst“, hörte ich mich heldenhaft rufen und versuchte durch mein Gewicht die Kommode zu stützen. Gerade als Rose aus dem Fenster stieg wurden die Tritte gegen die Türe heftiger – Al schien Unterstützung erhalten zu haben. „Geht, geht!“ rief ich und versuchte verzweifelt die Kommode zu halten. Doch immer weiter ließ sich unsere Barrikade in das Zimmer schieben. Ich schloss die Augen, schickte ein Stoßgebet nach oben und sah, dass auch Annie mittlerweile außen am Fenster hing. Ihre Finger lösten sich – und sie war vollständig aus meinem Blickfeld verschwunden. Jetzt wäre ich an der Reihe, dachte ich, doch ich konnte mich nicht durchringen, meinen Platz aufzugeben. Wenn ich hier gehen würde, würden Als Leute mich geschnappt haben bevor ich aus dem Fenster gestiegen war!

Was sollte ich tun? fragte ich mich verzweifelt. Angst ergriff mein Herz, eine eisige Kralle schien sich um mein Herz zu legen. Das war es nun. Ich war gekommen um mein Schicksal herauszufordern. Hoffnungsvoll und mutig kam ich hier her – und jetzt sollte ich hier mein Ende finden? Jäh wurden meine Gedanken durchbrochen als mit einem heftigen Schlag die Türe weiter aufgestoßen wurde. Die plötzliche Kraft in meinem Rücken schleuderte mich auf das Bett, das nicht weit vor mir gestanden hatte. Ich verhedderte mich und versuchte in einem letzten Aufbäumen meinem Schicksal zu entgehen.

Von draußen schien ich die drängende Stimme von Rose zu vernehmen. Ich schlug um mich und gerade als die Türe vollständig geöffnet wurde fiel ich auf der Hinterseite des Betts zu Boden. Panisch kam ich wider auf meine Füße und schlug wild um mich. Eine Öllampe, die in meiner Reichweite war rutschte zu weit auf die Seite des kleinen Kastens, der neben dem Bett stand, neige sich und schien sich zu überlegen ob sie fallen wollte oder nicht. Langsam, ganz langsam neigte sie sich und das Öl ergoss sich über das Bett und tropfte auf den Boden. Nur Sekunden später hatte sich das Feuer, das neue Nahrung bekommen hatte, ausgebreitet und fraß sich weiter. Die Holzdielen, alt und trocken, schienen das Feuer geradezu in sich aufzusaugen. Hitze und Flammen ließen mich zurückweichen und ich fand mich am Fenster wieder. So, wie das Feuer mich nach hinten getrieben hatte ließ es auch nicht zu, dass Als Leute mich erreichen konnten.
Ich setzte mich auf den Fenstersims und ließ meine Füße ins Freie hängen. Mit einem letzten Blick zurück sah ich, dass Al und seine Männer fluchend versuchten das Feuer mit ihren Jacken zu ersticken doch je mehr sie darauf einschlugen umso mehr stob das Feuer und weitere Funken schienen neue Feuer zu entfachen.

Ich griff um, und wollte mich aus dem Fenster hängen. Doch mein Gewicht ließ den Schmerz in meiner Schulter wieder aufflammen und mit einem Aufschrei stürzte ich unkontrolliert zu Boden und landete in dem morastigen Boden. Nein, ich wollte nicht mehr. Ich schloss die Augen. Sollten sie doch kommen.

Ich spürte wie sich Hände unter meine Schultern schoben und mich auf die Füße stellten. Ich war zu erledigt um zu protestieren. Ich blickte um mich und fand auf der einen Seite Rose, auf der anderen Seite Annie. Annie hatte ihre Hände um meine Hüfte gelegt um meine Schmerzen zu mildern und mich an dieser Stelle zu stützen.

„Komm schon, wir müssen weiter“, rief Rose und Annie bedachte mich mit einem aufmunternden Lächeln. Ich sah in ihre Augen und meinte darin zu versinken. Ja, ich würde mit ihnen gehen!

Sie schoben mich um die Ecke des Hauses und wir sahen einen Mann, der verzweifelt auf das Haus starrte, das immer mehr in Flammen aufging. Der zweite Stock schien komplett verloren und aus einigen Fenstern im Stock darunter schlugen Flammen.
„Ben!“, schoss es durch meinen Kopf! Er war es, der hier stand und meinte, seine Tochter verloren zu haben.
Rose und Annie schoben mich weiter und ich humpelte auf Ben zu. Ich räusperte mich und versuchte so laut als möglich zu rufen:
„Ich habe dir versprochen, dass ich dir helfen werde!“, rief ich doch meine Stimme schien ihren Dienst zu versagen. Ben riss seinen Blick von den Flammen los und ich konnte das Erkennen, seine Erleichterung und seine Freude sehen. Er eilte auf Annie zu, mit wässrigen Augen umarmte er sie und schien sie nicht mehr loslassen zu wollen.

Meiner Stütze beraubt stürzte ich und sank auf den Boden. „Ja, ich habe sie gerettet“, flüsterte ich mehr zu mir als zu Ben.

Dunkelheit bemächtige sich meiner Sinne und ich verlor das Bewusstsein.

___________________________________

* Am 26. September 1879 wurde die Stadt durch einen Brand fast vollkommen zerstört. 1899 brannte das Gem erneut ab und stürzte Al Swearengen in die Mittellosigkeit. (Quelle: Wikipedia)[/FONT]
 
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[FONT=&quot]Kapitel 22: Dawning

Ein kalter Guss von frischem Wasser über meinen Kopf ließ mich prustend und hustend wieder zu Sinnen kommen. Verdammt, wer wollte mich denn hier ertränken? Verwirrt blickte ich um mich, heiß strich die Luft des brennenden Gebäudes um mich. Ich sah Leute, die sich verzweifelt darum bemühten das Feuer unter Kontrolle zu bringen, doch die Dächer von zwei Nachbargebäuden standen schon in Flammen. Der Rauch biss in meinen Augen und das panische Geschrei der Menschen erfüllte die Luft. Ich fühlte mich wie erschlagen, mein ganzer Körper schien zu schmerzen.

„Hoch mit dir“, rief Ben und zog mich auf die Füße. „Wir müssen sofort weg von hier!“
Rose und Annie hatten in der Zwischenzeit unsere Pferde beruhigt, doch immer noch scheuten sie vor jeder Bewegung zurück. Sie schienen zu spüren, was der Stadt bevorstehen würde. Ben saß auf, Annie und Rose schoben mich zu ihm. Ich sollte mit Ben reiten, alleine war ich nicht in der Lage mich auf dem Gaul zu halten. Nur unter größter Anstrengung war es mir möglich nicht wieder vom Pferd zu rutschen. Ich sah, dass auch Annie und Rose auf ein Pferd aufsaßen und wir ritten davon.

Wohin ich auch sah, die ganze Stadt war auf den Füßen. Befehle wurden in allen Ecken gebrüllt, jeder der konnte lief mit Kübeln voller Wasser herbei um der Feuersbrunst Einhalt zu gebieten. Niemand achtete auf uns als wir die Stadt verließen und auf eine Anhöhe ritten. Wir blickten hinunter auf die Stadt. Der ganze Himmel schien in ein grell leuchtendes orange getaucht. Wind kam auf und ließ das Feuer größer und gewaltiger als zuvor auflodern. Die Stadt schien verloren.

Wir wendeten die Pferde und ritten los. Wir wollten so weit als möglich von der Stadt, von Al weg.

________________________

Ich kam zu mir als ich spürte, dass jemand mein Gesicht mit einem feuchten, kalten Tuch abtupfte. Ich wusste nicht, wie lange ich hier gelegen hatte und öffnete die Augen. Die Sonne blendete mich und im Gegenlicht konnte ich die Umrisse einer jungen Frau erkennen. Ich blinzelte und als ich mich an die Helligkeit gewöhnt hatte sah ich wieder in diese großen, dunklen Augen. Ja, ich war im Paradies gelandet!

Liebevoll bemühte sich Annie um mich, immer war sie da um mir zu geben wonach ich verlangte. Mein Körper schmerzte immer noch doch ihre Berührungen schienen mich meinen Schmerz vergessen zu lassen. Sobald ich in der Lage war legten wir wieder ein kleines Stück auf unseren Pferden fort, doch sobald mein Körper nach Ruhe verlangte suchten wir uns ein Lager.

Täglich ging es mir besser – und doch wollte ich nicht auf die liebevolle Pflege verzichten. Ja, ich brachte es zustande leise aufzustöhnen, sobald Annie meinte, es würde mir besser gehen. So schnell wollte ich nicht wieder auf den Beinen sein.[/FONT]
 

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[FONT=&quot]Kapitel 23: Frühlingserwachen

Der Wind frischte auf und die bunten Blätter der Bäume fielen zu Boden. Nachdem ich doch genesen war kamen wir schnell voran. Wir zogen weiter und bald fanden wir einen Ort, weit genug entfernt von Deadwood, ohne Gefahr zu laufen, dass uns Al wieder in die Quere kommen würde. Bevor der kalte Nordwind den Winter ankündigte bezogen wir ein Quartier in einer kleinen Stadt, versteckt zwischen Wäldern soweit das Auge reichte. Ben war fort geritten um sein Haus und seinen Besitz zu verkaufen. Bald würde er zurückkommen und wir wollten uns hier in der Nähe niederlassen. Rose hatte beschlossen, dass sie bei uns bleiben würde. Sie hatte alles verloren und wusste nicht, wohin sonst ihr Weg führen sollte. Manchmal beobachtete ich sie, wenn sie vor dem Feuer saß – ihr Blick schien gebrochen und ihre Gedanken schienen sie zu quälen. Doch diese Momente wurden immer seltener und bald zeigte sich wieder ihre Tatkraft. Sie wollte sich nicht von ihrer Vergangenheit in die Knie zwingen lassen.

Der Winter kam und ging und an einem Tag spät im Februar kam Ben zurück. Er hatte mit dem Erlös des Verkaufs seines Heimes eine Hütte auf einer Anhöhe nicht weit von der Stadt gekauft.
Als der Frühling die ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf die Erde schickte packten wir unsere Sachen um unsere neue Heimat zu sehen. Wir ritten aus der Stadt, folgten der Straße und bald kamen wir an eine Abzweigung.
„Hier müssen wir entlang“, rief Ben und auch er konnte seine Aufregung kaum verbergen. Wir ritten weiter. Nachdem wir eine Weile durch den Wald ritten tat sich bald eine riesige Lichtung auf. Auf einer Anhöhe sahen wir eine Hütte, gefertigt aus Baumstämmen, halb versteckt hinter einem Baum, der die ersten grünen Knospen in diesem Jahr austrieb. Dies sollte unser Heim werden!

Kurze Zeit später ließen wir unsere Pferde in eine Koppel laufen, plötzlich frei schienen sie sich ihrer Natur zu besinnen und liefen übermütig umher.

„Hier muss wohl noch einiges getan werden“, vernahm ich Bens Stimme. Leise fügte er hinzu, „doch gemeinsam werden wir es schaffen“, und ein leichtes Lächeln spiegelte sich in seinen Augen wieder.

Ich beobachtete Annie, die neben Rose am Zaun lehnte und die wilden, ungezügelten Pferde beobachtete.
Ja, hier würde ich glücklich werden, dachte ich und sah verschämt zur Seite, als ich Annies Blick bemerkte.[/FONT]
 

DeletedUser

So, jetzt noch ein bisschen OT - aber ich konnte es mir nicht verkneifen ;-) Der Epilog soll noch einmal die Sicht meines Erzählers darstellen, mal sehen, was dabei herauskommt.
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Epilog

Annie beobachtete ihn schon seit Tagen. Ihr war nicht entgangen, dass er, sooft die Arbeiten am Haus es zuließen, ihre Nähe suchte. Soweit sie den Erzählungen ihres Vaters Glauben schenken konnte schien er weder mit der Waffe noch mit Whiskey umgehen zu können. Und auch mit Frauen schien er seine Probleme zu haben – doch was genau ihr Vater damit meinte wusste sie nicht. Er wollte nicht näher darauf eingehen.

Seit einigen Tagen jedoch setzte er sich in am Abend abseits von ihnen auf einen Baumstamm und schien gedankenverloren in die Weite zu starren. Dann hatte er begonnen zu schreiben, doch jeden Tag musste sie mit ansehen, dass er unzufrieden seine Briefe ins Feuer warf und zu Bett ging. Sie hatte zwar versucht einen Blick darauf zu werfen, doch bevor sie auch nur ein Wort lesen konnte hatte das Feuer das Papier schon dunkel gefärbt und Sekunden später blieb nur noch Asche zurück.

Da! Da kam er wieder und wieder würde sich das Schauspiel wiederholen, doch… nein! Er steckte den Brief mit einem zufriedenen Grinsen in seine Tasche und begab sich müde zu Bett. Wie sollte sie bloß herausfinden, was er vorhatte?

Doch am nächsten Morgen schon sollte sie erfahren, was ihm solches Kopfzerbrechen gemacht hatte. Sie kleidete sich an und ging hinaus in die frische Luft um den Tag zu begrüßen. Und da lag er, dieser Brief und zog sie magisch an. Sie näherte sich ihm, hob ihn auf und sah darauf nur ein Wort:

„Annie“

Sie setzte sich in die wärmen Strahlen der Sonne, steckte den Finger in den Umschlag und riss ihn ungeduldig auf. Sie zog das Papier heraus und las die Zeilen:

Wenn man jung ist, dann ist man ein richtiger Mann
stolz und stark - einer, der alles weiß, alles kann!
Stark und gefestigt, mutig und frei

Träumereien der Jugend endlich vorbei!

Man ist Herr seines Lebens und kann sich erfüllen

Was man sich erträumte, doch gegen seinen Willen
straft das Leben diesen Hochmut, bringt einem zu Fall
und an jeder Ecke, einfach überall

finden sich Laster, süß, verlockend und gut
doch erst fehlt einem wirklich der Mut!

Doch als Mann wird man schwach, lässt sich verleiten
möchte man sich doch ein schönes Leben bereiten!

Ich hab getrunken, gezecht,
war dem Whiskey verfallen,
hab geraubt, war ein Schläger –

[FONT=&quot]gezeigt hab ich’s allen!
Ein Frauenheld war ich, kein Rock war zu lang
alle wussten sie, ich wäre ein perfekter Fang!
Im Umgang mit der Waffe sicher und geübt
habe ich so manchen Maulheld zu Tode betrübt.

Was du noch wissen sollst -
ich hab deinen Vater nackt gesehen,
doch manche Dinge verdrängt man,
träumte, sie wären einfach niemals geschehen!.

Was ich sagen will, hör mir bitte zu
ich werde meine Vergangenheit leugnen, meine Zukunft bist du!
Vergiss meine Laster, meine dunkle Seele
siehst du denn nicht, wie schrecklich ich mich quäle?

Ich schenk dir mein Herz, mein Leben, mein Sein
meine Gefühle zu dir sind vollkommen und rein!

Meine Sehnsüchte konzentrieren sich nur noch auf dich
Darum flehe ich inbrünstig – erwähle mich!
Ich bin versunken in deinen Augen, hab mich darin verloren
dank dir fühle ich mich wie neugeboren.
Ich liebe deine Blicke, sanft und kokett
drum bleib bei mir -
- Ergebenst, dein Mat!
[/FONT]
 

DeletedUser

Gesteht mir noch ein paar Zeilen in eigener Sache zu:

Ich wollte verschen eine Geschichte zu schreiben, die ursprünglich mit dem zehnten Kapitel schließen sollte. Doch die Geschichte hat sich verselbständigt und hat eine Art Eigenleben entwickelt. Es ist tatsächlich so, dass ich wirklich ein bisschen mit der Geschichte mitgelebt habe. Ich dachte nicht, dass ich sie so schnell beenden würde - doch der Spaß an der Sache hat mich mitgerissen.
Ob es eine Geschichte ist, die euch gefällt oder nicht kann ich nicht beurteilen aber ich muss sagen, es ist für mich einfach erfreulich, dass ich sie fertig gestellt habe. Was stelle ich jetzt bloß mit meiner wiedergewonnenen Freizeit an?

Es bleibt mir nur zu hoffen, dass der eine oder andere die Geschichte ein bisschen verfolgt hat - und dass es ihm/ihr ein paar Minuten Zerstreuung geboten hat. Wenn das so sein sollte, dann hab ich für mcih einen kleinen Sieg errungen.

Dass die Geschichte einen romantischen Ausgang nahm ist auch für mich überraschend, ursprünglich sollte ein Mord am Ende stehen. Aber Geschichten sind wie das Leben, voller Überraschungen und man weiß nie, wohin der Weg führt.

Jetzt bleibt mir nichts anderes mehr als mich für euer Lesen zu bedanken und verabschiede mich...
...ins Nirwana der Amateurautoren :)

Coholorado
 

DeletedUser13032

Du solltest ruhig mal wieder etwas von deiner Freizeit opfern, wenn solche GEschichten dabei herauskommen ;) Mir hat es gegen Ende hin sehr gefallen, dass das ganze ja dann doch ein wenig historisch angehaucht war mit dem Gem und Al Sweargen ... Super!:up:
 
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