DeletedUser17700
Erst da fiel es Calvin auf. Nicht die Tatsache, dass Mike bereits die ganze Zeit wie ein Verrückter nach Alkohol suchte. Im Hinterkopf hegte er schon längere Zeit diesen Verdacht. Schließlich durfte er das Verhalten bei seinem früheren Personal oft genug ansehen. Nein. Was ihm erst jetzt auffiel war der glänzende Gegenstand, der auf der anderen Seite der Tür, an der Wand befestigt, hing. Es war für Calvin sogar in perfekter Griffweite. Eine Axt. Keine lange Klobige, wie man sie für das Fällen von Bäumen verwenden würde, sondern eine Kleine für den einhändigen Gebrauch. Sie musste bereits die ganze Zeit da hängen und Calvin hatte doch tatsächlich versucht Mike mit bloßen Händen zu erwürgen. So ein Fehler wird mir aber unter keinen Umständen wieder passieren!, dachte sich Calvin, wie er erneut einen Blick auf seinen Kontrahenten warf. So schwach und fragil sah Mike aus. Kaum in der Lage sich auf den Beinen zu halten. Wenn er in diesem Moment die Axt schnappen und auf ihn einhacken würde, hätte Mike überhaupt noch eine Chance?
Nun schien eine Chance erneut gekommen zu sein. Seine Ungeduld stand ihm bis jetzt immer im Weg, aber nun war er sich sicher, dass das die perfekte Gelegenheit sein würde. Seinem Kontrahenten fehlte jegliche Kraft und auch, wenn er momentan selbst über keine Herkuleskräfte verfügte, so machte eine Schneide in der Hand diesen Umstand mehr als wett.
Er musste nur einmal die Hand ausstrecken, auf Mike zuschreiten und mit all seiner Kraft die Axt schwingen. Das war sein Schlachtplan. Die einzelnen Schritte hatten sich bereits in sein Gehirn eingebrannt, nun musste er sie nur noch ausführen. Doch er zögerte.
Wieso fühlt sich das so falsch an?, fragte sich Calvin, während er fasziniert die Axt anstarrte. Er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, wann er zum letzten Mal solche Gewissensbisse durchleben musste, wenn es um das Töten eines Menschen ging. Obwohl er sich da selbst anschwindelte. Im Grunde genommen konnte er sich nur zu gut an das letzte Mal erinnern, damals vor fünfzehn Jahren. Genau wie einst stand er wie gelähmt da, während dieses Gefühl in ihm hochkroch, dass er etwas von Grund auf Falsches machen wollte.
Mach schon, versuchte er sich selbst ein letztes Mal zu überzeugen, Es wird nie wieder so eine gute Situation kommen. Willst du nicht endlich aus dieser Hölle verschwinden?
Doch irgendwo, tief in seinem Innern vergraben, gab es etwas, das sich gegen diese Begründung sträubte. Keine Stimme oder dergleichen - schließlich war er ja nicht verrückt - aber ein Gefühl. Ein Gefühl, das ihn an die letzten Tage erinnerte, wie er sich darüber freute, dass Mike ihm seine eigene Hütte baute und wie er es seinem Wärter hoch anrechnete, dass er ihm endlich wieder größere Portionen zu essen gab. Und zu guter Letzt dachte er an den Tag zurück, als Mikes Fäuste auf ihn eingeprügelt hatten und er sich der Erlösung so nahe fühlte, wenn auch diese spezielle Erinnerung leicht vernebelt war.
Vielleicht ist das meine Chance mich zu revanchieren. Vielleicht kann ich meine Fehler wiedergutmachen, kam es Calvin plötzlich in den Sinn, ohne dass er es verhindern konnte. Nein! Er hatte genug davon, über diese Dinge nachzudenken. Es war zu spät, um die Missetaten seiner Jugend zu bereuen. Und doch zwängte sich dieser unschuldige Gedanke so frech in sein Bewusstsein, dass Calvin wütend wurde. Wieso dachte er nach all dieser Zeit plötzlich wieder an so einen Blödsinn? Warum kam dieses verrückte Gefühl von früher wieder in ihm hoch?
„Ah!“, schrie Calvin, um die Diskussion mit seiner inneren Stimme endlich ruhig zu stellen. Anscheinend war er doch verrückt.
Blind vor Ärger schritt Calvin auf Mike zu und schwang seinen Arm mit voller Kraft. In seiner Hand befand sich jedoch keine Axt. Stattdessen schleuderte er seinem Gegenüber die Rückseite seiner Hand ins Gesicht, dass es Mike erst recht wieder zu Boden schleuderte.
„Genug!“, erhob Calvin erneut seine Stimme, „Schau dich doch nur mal an! Führst dich hier auf, wie ein versiffter Säufer. Jetzt steh endlich auf und beweg deinen Hintern ins Bett.“
„...“
„Nichts zu sagen? Gut so! Kannst von Glück reden, dass nur ich und keiner deiner Freunde dich so sieht, denn meine Meinung von dir kann wenigstens nicht mehr schlechter werden.“
Mike hätte sich niemals träumen lassen, dass Calvin stark genug sein könnte, um ihn irgendwo hinauszuschmeißen. Doch gestern in der Nacht schien genau das geschehen zu sein. Der Kerl hatte ihn doch tatsächlich am Kragen gepackt und hochkant aus der Materialhütte geschmissen. Eigentlich wollte sich Mike darüber ärgern, aber in Wirklichkeit war das Gegenteil der Fall. Er musste ihm sogar dankbar sein. Alleine wäre es ihm unmöglich gewesen aus dieser Trance aufzuwachen. Wobei Trance es nur wage beschrieb. Leichenstarre passte da wohl besser, so wie er letzte Nacht ausgesehen haben muss.
Zum Glück konnte Mike nach diesem Rausschmiss wieder seine Fassung erlangen und das erneut aufwallende Drängen in seine Schranken weisen. Ein solches Ende für diesen Abend hatte er sich allerdings nie träumen lassen. Jetzt schuldete er Calvin doch tatsächlich seinen Dank. Seinen Dank! Unglaublich.
Vielleicht traute er sich deshalb am späten Vormittag noch immer nicht aus seinem Bett, geschweige denn seiner Hütte, hinaus. Wie sollte er sich nur vor Calvin blicken lassen, nach den gestrigen Vorfällen? Je länger er darüber nachdachte, wie ihn vor einigen Stunden noch die Emotionen übermannt und er doch tatsächlich in der Materialhütte nach etwas Fusel gesucht hatte, desto mehr kroch ihm die Schamröte ins Gesicht.
Er selber wusste nicht, wie lange er dieses Kinderspiel noch fortsetzen wollte. Allerdings sollte es bald ein Ende finden, als plötzlich ein Radau begann. Irgendjemand hämmert draußen. Es war keinesfalls laut genug, dass man es als nervig empfand, weshalb Mike es anfangs noch zu ignorieren versuchte, aber über einen längeren Zeitraum störte es dennoch genug, um nicht den ganzen Tag dösen zu können. Damit machte es einen Strich durch Mikes Tagesplanung. Davon abgesehen gebot ihm seine Neugier herauszufinden, was da draußen vor sich ging. Schließlich wusste Mike, dass nur Calvin da draußen hämmern konnte, aber es war ihm unbegreiflich weshalb. Eigentlich fiel ihm nur ein Grund ein, aber das war ein Ding der Unmöglichkeit. Nein, wenn Calvin draußen hämmerte, dann hatte er bestimmt irgendeine schlechte Idee.
„Ich werde da wohl rausgehen müssen.“, murmelte Mike zu sich selbst, als müsste er seinem Körper erklären, was zu machen sei.
Als Mike dann endlich um die Mittagszeit hinaus ins Freie trat, wusste er, dass die Entscheidung, alleine schon wegen der frischen Luft, richtig war. Wie konnte er es nur so lange in dieser stickigen Hütte aushalten? Die ersten Atemzüge ließen ihn glatt vergessen, weshalb er überhaupt aus seinem Versteck gekrochen kam. Doch schon bald hielt er bereits Ausschau nach Calvin. Lange musste er nicht suchen. Calvin, der Calvin der die letzten Tage, nein, die letzten Jahre keinen Finger gerührt hatte, stand schweißgebadet in der prallen Sonne und werkelte an seinem neuen Zuhause. Diesen Schock musste Mike erst einmal verdauen.
Nun schien eine Chance erneut gekommen zu sein. Seine Ungeduld stand ihm bis jetzt immer im Weg, aber nun war er sich sicher, dass das die perfekte Gelegenheit sein würde. Seinem Kontrahenten fehlte jegliche Kraft und auch, wenn er momentan selbst über keine Herkuleskräfte verfügte, so machte eine Schneide in der Hand diesen Umstand mehr als wett.
Er musste nur einmal die Hand ausstrecken, auf Mike zuschreiten und mit all seiner Kraft die Axt schwingen. Das war sein Schlachtplan. Die einzelnen Schritte hatten sich bereits in sein Gehirn eingebrannt, nun musste er sie nur noch ausführen. Doch er zögerte.
Wieso fühlt sich das so falsch an?, fragte sich Calvin, während er fasziniert die Axt anstarrte. Er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, wann er zum letzten Mal solche Gewissensbisse durchleben musste, wenn es um das Töten eines Menschen ging. Obwohl er sich da selbst anschwindelte. Im Grunde genommen konnte er sich nur zu gut an das letzte Mal erinnern, damals vor fünfzehn Jahren. Genau wie einst stand er wie gelähmt da, während dieses Gefühl in ihm hochkroch, dass er etwas von Grund auf Falsches machen wollte.
Mach schon, versuchte er sich selbst ein letztes Mal zu überzeugen, Es wird nie wieder so eine gute Situation kommen. Willst du nicht endlich aus dieser Hölle verschwinden?
Doch irgendwo, tief in seinem Innern vergraben, gab es etwas, das sich gegen diese Begründung sträubte. Keine Stimme oder dergleichen - schließlich war er ja nicht verrückt - aber ein Gefühl. Ein Gefühl, das ihn an die letzten Tage erinnerte, wie er sich darüber freute, dass Mike ihm seine eigene Hütte baute und wie er es seinem Wärter hoch anrechnete, dass er ihm endlich wieder größere Portionen zu essen gab. Und zu guter Letzt dachte er an den Tag zurück, als Mikes Fäuste auf ihn eingeprügelt hatten und er sich der Erlösung so nahe fühlte, wenn auch diese spezielle Erinnerung leicht vernebelt war.
Vielleicht ist das meine Chance mich zu revanchieren. Vielleicht kann ich meine Fehler wiedergutmachen, kam es Calvin plötzlich in den Sinn, ohne dass er es verhindern konnte. Nein! Er hatte genug davon, über diese Dinge nachzudenken. Es war zu spät, um die Missetaten seiner Jugend zu bereuen. Und doch zwängte sich dieser unschuldige Gedanke so frech in sein Bewusstsein, dass Calvin wütend wurde. Wieso dachte er nach all dieser Zeit plötzlich wieder an so einen Blödsinn? Warum kam dieses verrückte Gefühl von früher wieder in ihm hoch?
„Ah!“, schrie Calvin, um die Diskussion mit seiner inneren Stimme endlich ruhig zu stellen. Anscheinend war er doch verrückt.
Blind vor Ärger schritt Calvin auf Mike zu und schwang seinen Arm mit voller Kraft. In seiner Hand befand sich jedoch keine Axt. Stattdessen schleuderte er seinem Gegenüber die Rückseite seiner Hand ins Gesicht, dass es Mike erst recht wieder zu Boden schleuderte.
„Genug!“, erhob Calvin erneut seine Stimme, „Schau dich doch nur mal an! Führst dich hier auf, wie ein versiffter Säufer. Jetzt steh endlich auf und beweg deinen Hintern ins Bett.“
„...“
„Nichts zu sagen? Gut so! Kannst von Glück reden, dass nur ich und keiner deiner Freunde dich so sieht, denn meine Meinung von dir kann wenigstens nicht mehr schlechter werden.“
Mike hätte sich niemals träumen lassen, dass Calvin stark genug sein könnte, um ihn irgendwo hinauszuschmeißen. Doch gestern in der Nacht schien genau das geschehen zu sein. Der Kerl hatte ihn doch tatsächlich am Kragen gepackt und hochkant aus der Materialhütte geschmissen. Eigentlich wollte sich Mike darüber ärgern, aber in Wirklichkeit war das Gegenteil der Fall. Er musste ihm sogar dankbar sein. Alleine wäre es ihm unmöglich gewesen aus dieser Trance aufzuwachen. Wobei Trance es nur wage beschrieb. Leichenstarre passte da wohl besser, so wie er letzte Nacht ausgesehen haben muss.
Zum Glück konnte Mike nach diesem Rausschmiss wieder seine Fassung erlangen und das erneut aufwallende Drängen in seine Schranken weisen. Ein solches Ende für diesen Abend hatte er sich allerdings nie träumen lassen. Jetzt schuldete er Calvin doch tatsächlich seinen Dank. Seinen Dank! Unglaublich.
Vielleicht traute er sich deshalb am späten Vormittag noch immer nicht aus seinem Bett, geschweige denn seiner Hütte, hinaus. Wie sollte er sich nur vor Calvin blicken lassen, nach den gestrigen Vorfällen? Je länger er darüber nachdachte, wie ihn vor einigen Stunden noch die Emotionen übermannt und er doch tatsächlich in der Materialhütte nach etwas Fusel gesucht hatte, desto mehr kroch ihm die Schamröte ins Gesicht.
Er selber wusste nicht, wie lange er dieses Kinderspiel noch fortsetzen wollte. Allerdings sollte es bald ein Ende finden, als plötzlich ein Radau begann. Irgendjemand hämmert draußen. Es war keinesfalls laut genug, dass man es als nervig empfand, weshalb Mike es anfangs noch zu ignorieren versuchte, aber über einen längeren Zeitraum störte es dennoch genug, um nicht den ganzen Tag dösen zu können. Damit machte es einen Strich durch Mikes Tagesplanung. Davon abgesehen gebot ihm seine Neugier herauszufinden, was da draußen vor sich ging. Schließlich wusste Mike, dass nur Calvin da draußen hämmern konnte, aber es war ihm unbegreiflich weshalb. Eigentlich fiel ihm nur ein Grund ein, aber das war ein Ding der Unmöglichkeit. Nein, wenn Calvin draußen hämmerte, dann hatte er bestimmt irgendeine schlechte Idee.
„Ich werde da wohl rausgehen müssen.“, murmelte Mike zu sich selbst, als müsste er seinem Körper erklären, was zu machen sei.
Als Mike dann endlich um die Mittagszeit hinaus ins Freie trat, wusste er, dass die Entscheidung, alleine schon wegen der frischen Luft, richtig war. Wie konnte er es nur so lange in dieser stickigen Hütte aushalten? Die ersten Atemzüge ließen ihn glatt vergessen, weshalb er überhaupt aus seinem Versteck gekrochen kam. Doch schon bald hielt er bereits Ausschau nach Calvin. Lange musste er nicht suchen. Calvin, der Calvin der die letzten Tage, nein, die letzten Jahre keinen Finger gerührt hatte, stand schweißgebadet in der prallen Sonne und werkelte an seinem neuen Zuhause. Diesen Schock musste Mike erst einmal verdauen.